Sichere Herkunftsstaaten:Test für Schwarz-Grün

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Kanzleramtschef Peter Altmaier ist es bisher nicht gelungen, den Asyl-Konflikt zwischen seiner Union und den Grünen beizulegen. Und solange die sich streiten, freut sich ein Dritter.

Von Robert Roßmann

Kanzleramtsminister Peter Altmaier gilt eigentlich als großer Kommunikator. Er genießt öffentliche Auftritte, seine Vorgänger wirkten lieber im Stillen. Doch inzwischen scheint Altmaiers Art an ihre Grenzen zu stoßen. Es ist seine Aufgabe, die Konflikte in der Regierung zu befrieden. Doch der ewige Streit über die Erbschaftsteuer, das Sexualstrafrecht, die Entgeltgleichheit und manches mehr zeigt, dass ihm das immer seltener gelingt. Nicht nur in der SPD, auch in der Union, gibt es Klagen über Altmaier. Im Umfeld Sigmar Gabriels sprechen sie bereits vom "Däumchendreher im Kanzleramt".

Auch den jetzt wieder aufgeflammten Streit über die sicheren Herkunftsstaaten hätte Altmaier längst lösen müssen, er ist schließlich der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung. Doch bisher ist es ihm noch nicht einmal gelungen, ein einziges der zehn von den Grünen mitregierten Bundesländer auf seine Seite zu ziehen. Dabei braucht er mindestens drei dieser Länder, um den Gesetzentwurf seiner Regierung durch den Bundesrat zu bekommen. Wie groß die Not Altmaiers vor der Abstimmung in der Länderkammer am Freitag geworden ist, konnte man am Dienstagmorgen erleben. Da sah sich Altmaier gezwungen, via Frühstücksfernsehen Kompromiss-Signale an die Grünen zu senden - so etwas macht man normalerweise nicht vor Kameras.

In Berlin fragen sie, wie gut der Kanzleramtschef seinen Job macht

In dem Streit geht es inzwischen nicht mehr nur um die Sache: Sollen die Verfahren von Asylbewerbern aus den Maghreb-Staaten durch eine Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten beschleunigt werden? Es geht inzwischen auch darum, ob Altmaier seinen Job noch gut genug macht. Vor allem aber ist der Streit eine Nagelprobe dafür geworden, ob Schwarz-Grün tatsächlich ein Zukunftsmodell für den Bund sein kann.

Die leidgeprüfte SPD ist dabei ausnahmsweise in einer kommoden Lage. Sigmar Gabriel hält die geplante Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten zwar für richtig. Das Thema ist aber keine Herzensangelegenheit der Sozialdemokraten. Das haben sie bereits im Februar bewiesen. Damals verhinderte die SPD-Bundestagsfraktion, dass das Gesetz zu den Herkunftsstaaten schnell beschlossen werden kann. Die Genossen ließen damit zu, dass die Grünen vor den Landtagswahlen im März nicht Farbe bekennen mussten, ob sie nun für oder gegen das Gesetz sind. Damals kämpften SPD und Grüne noch Seit' an Seit', sie wollten die gemeinsamen Landesregierungen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz verteidigen.

Doch inzwischen hat sich die Lage geändert. Die SPD ist zunehmend genervt von den schwarz-grünen Liaisonen. Seit den März-Wahlen regieren CDU und Grüne in drei Bundesländern miteinander. Umso größer ist bei der SPD die Freude darüber, wie sich Union und Grüne in der Debatte über die Herkunftsstaaten verhakt haben. Und umso wichtiger wäre es für Altmaier und die Grünen, bis zur Abstimmung am Freitag doch noch eine gemeinsame Lösung zu finden.

© SZ vom 15.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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