Shutdown in den USA:Streiten, bis der Staat dicht macht

Die Eskalation wegen des Haushalts zeigt: Zwischen Demokraten und Republikanern geht fast nichts mehr. Präsident Trump macht die Angelegenheit nicht leichter.

Von Johannes Kuhn, Austin

Donald Trump feiert am Samstag den Jahrestag seiner Amtseinführung, doch seiner Regierung geht das Geld aus: Der US-Kongress kann sich bislang nicht auf eine weitere Zwischenfinanzierung für den Haushalt einigen.

Zum Jubiläum bleiben deshalb Regierungsbehörden und Bundesverwaltung geschlossen. Sollten Abgeordnete und Senatoren bis Montag keine Lösung finden, müssen bis zu 800 000 Staatsbedienstete in den unbezahlten Zwangsurlaub.

Dieser "Shutdown" genannte Stillstand kostet die USA Schätzungen zufolge bis zu 1,5 Milliarden Dollar pro Tag: Allein die wochenlange Notfall-Vorbereitung raubte der Verwaltung Arbeitszeit. Zollabfertigungen und Genehmigungen verzögern sich, was wiederum der Wirtschaft schadet. Arme US-Amerikaner erhalten vorerst keine neuen Essensmarken mehr. Staatsbedienstete bekommen kein Geld ausbezahlt.

Demokraten und Republikaner kennen diese Konsequenzen. Sie wollen über das Wochenende weiter verhandeln, weil der Stillstand seine volle Wirkung erst am Montag entfalten wird, wenn die Staatsbediensteten eigentlich zur Arbeit müssten. Die Regierung will einige Institutionen wie Post, Konsulate und Nationalparks mit Notfallmitteln und weniger Personal im Schmalspur-Betrieb halten. Das funktioniert allerdings nur wenige Tage.

Es geht um die Basis

Bereits bevor der Abstimmung im Senat verteilte Trump die Schuld via Twitter: "Die Demokraten wollen einen Shutdown, um den großen Erfolg unserer Steuersenkungen zu schmälern und was wir für die boomende Wirtschaft tun." Die Wahrheit ist komplizierter.

Um ein Haushaltsgesetz zu verabschieden, braucht es 60 Senatoren, die Republikaner sind also auf die Demokraten angewiesen. Die Demokraten allerdings stellen Forderungen: Sie wollen vor allem das Bleiberecht für mehr als 700 000 undokumentierte junge Einwanderer erkämpfen, die mit ihren Eltern als kleine Kinder illegal über die Südgrenze in die USA kamen. Trump hatte eine entsprechende Verordnung Obamas auslaufen lassen und dem Kongress sechs Monate Zeit gegeben, um eine Neuregelung zu finden.

Der moderate Teil der Republikaner, angeführt von Lindsay Graham aus South Carolina, ist bei dem Thema zu einem Kompromiss bereit. Doch einen entsprechenden Vorschlag, der auch einige Forderungen des US-Präsidenten entgegen kam, lehnte Trump in der berüchtigten "Shithole"/"Shithouse"-Sitzung ab, in der er sich abfällig über mehrere arme Länder äußerte.

Sein ultranationalistischer Berater Stephen Miller und Tom Cotton, Hardliner-Senator aus Arkansas, gelten in diesem Fall als Trumps Einflüsterer. Sie argumentieren erfolgreich, dass ein Kompromiss seine rechtsnationale Basis verärgern würde. Auch der "Tea Party" nahestehende Abgeordnete im Repräsentantenhaus wollen eine Lösung nur, wenn die Einwanderungsgesetze im Gegenzug allgemein verschärft werden.

Trump selbst will im Haushalt Milliarden für den Bau der Grenzmauer zu Mexiko veranschlagen (die seinen Vorstellungen nach ursprünglich Mexiko zahlen sollte). Die undokumentierten Jung-Einwanderer - "Dreamer" genannt - dienten ihm dabei als Verhandlungsmasse.

Der aktuelle Entwurf enthielt das Thema Einwanderung allerdings gar nicht: Vielmehr legten die Republikaner aus dem Repräsentantenhaus eine weitere Zwischenfinanzierung für vier Wochen vor, um in dieser Zeit weiter zu verhandeln. In ihr war erstmals Geld für eine staatlichen Gesundheitsversicherung für Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen zurückgelegt, eine Kernforderung der Demokraten.

Der Druck auf die Demokraten wächst

Die Demokraten hatten einem solchen Übergangshaushalt bereits mehrmals zugestimmt. Doch spätestens seit der "Drecksloch"-Äußerung Trumps über Einwanderer aus Afrika und Mittelamerika laufen Basis und Einwanderungsgruppen Sturm. Aktivisten fordern die Demokraten auf, eine härtere Gangart einzuschlagen und sich nicht ständig vertrösten zu lassen.

Zentraler Akteur auf Seiten der Demokraten ist Chuck Schumer, der die Partei im Senat anführt. Als Trump ihn am Freitagnachmittag zum 90-minütigen Zwiegespräch empfing, befürchtete die politische Rechte bereits, dass der US-Präsident einem Deal zustimmen werde (Trump war am Samstag für ein wichtiges Spendendinner in seinem Club Mar-a-Lago erwartet worden). Beide näherten sich zwar in einigen Punkten an, doch am Ende blieb das Treffen ergebnislos. Am Abend verweigerten die Demokraten und einige der üblichen republikanischen Abweichler im Senat dann die Zustimmung.

Politiker beider Parteien haben Trump mehr oder weniger offen vorgeworfen, keine klare Haltung oder Kompromiss-Ideen zu haben, sondern nur Maximalforderung zu kennen und auf Zuruf zu agieren. In solchen Aussagen schwingt - mal leise, mal deutlicher - auch jene Beobachtung über den selbsternannten "Dealmaker" mit, die ein Blogger der Washington Post so formulierte: "Trump fehlt ein grundsätzliches Verständnis für die Themen und deshalb ist er leicht zu manipulieren."

Das mag ein Teil der Wahrheit sein, doch die starke Polarisierung im Kongress existierte schon vor dem 45. US-Präsidenten. 2011 zog ein Gruppe radikaler Republikaner ins Repräsentantenhaus ein. Sie initiierten 2013 den 16 Tage dauernden "Shutdown" unter Trumps Vorgänger Barack Obama, weil sie in das Haushaltsgesetz immer wieder die Abschaffung der Gesundheitsgesetze Obamas schrieben.

Wem schadet der "Shutdown" mehr?

Damals galt der US-Präsident zunächst als Sieger, doch drei Jahre später belohnten die Wähler die Extrem-Politik der Republikaner mit einem Triumph bei den Wahlen. Sollte der Shutdown über das Wochenende hinaus andauern, werden beide politischen Lager in den kommenden Tagen massive mediale Präsenz - inklusive bezahlter TV-Spots - zeigen, um jeweils dem Gegner die Schuld am Stillstand zu geben.

Einerseits sind dieses Mal die Demokraten die Blockierer, andererseits sind mehr als drei Viertel der Amerikaner dafür, dass die "Dreamer" im Land bleiben dürfen. Da im November Zwischenwahlen sind, gilt es, die eigene Basis zu mobilisieren und die wenigen unentschlossenen Wähler davon zu überzeugen, dass die Gegenseite die übelsten Absichten hat.

Zwei Twitter-Hashtags spiegeln dieses bekannte Ritual der Schuldzuweisung wieder: Ein #TrumpShutdown ist es für die Demokraten, der #SchumerShutdown für die Republikaner.

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