Digitale Netzwerke:Die falschen Facebook-Freundinnen

Digitale Netzwerke: Der Handy-Betreiber erlässt dem Verein zwar 400 Euro, das aber reicht dem Amtsrichter nicht.

Der Handy-Betreiber erlässt dem Verein zwar 400 Euro, das aber reicht dem Amtsrichter nicht.

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Das digitale Netzwerk behauptet, nichts gegen Freundschaftsanfragen angeblich sexwilliger junger Frauen tun zu können. Aber jeder einzelne Nutzer kann.

Von Simon Groß

Lange glatte Haare, Schmollmund, laszive Haltung - huch, wer ist das denn? Die Architekten der digitalen Netzwerke kennen die Hoffnungen und Wünsche ihrer Nutzer nur zu gut. Der Erfolg von Facebook und Co. beruht ja ohnehin auf der Ausbeutung eines zutiefst menschlichen Bedürfnisses: des Kontakts zu anderen Menschen. Ihr Versprechen: Jeder kann jeden kennenlernen, egal, ob langweiliger Typ aus dem Nachbarort oder interessante Frau von der anderen Seite der Welt.

Könnte doch sein, dass die hübsche Dame mit den langen blonden Haaren beim Durchstöbern fremder Profilbilder auf das eigene gestoßen ist und nun ganz verzückt eine Freundschaftsanfrage verschickt? Genau diese Hoffnung ist es, die sich manche zunutze machen, wenn sie mit gefälschten Online-Profilen, die aufreizende Frauenfotos zeigen, die Netzwerke fluten. Was steckt hinter dieser Masche?

Drei Gruppen gibt es, die damit operieren. Erstens versuchen Porno- und Chatanbieter mithilfe der Freundschaftsanfragen, Nutzer auf Webseiten zu locken. Wer hier klickt, landet auf ihren Seiten, deren Inhalte sie sich bezahlen lassen. Zweitens: Kriminelle, die den Geköderten damit Viren oder Trojaner schicken. Denn die Profile von legalen Pornoanbietern und illegal agierenden Betrügern lassen sich nicht unterscheiden. Mittels Spähsoftware können Kriminelle so sämtliche private Daten von E-Mail-Konten bis hin zu Online-Banking-Zugängen erbeuten. Und drittens versuchen vermeintliche Verehrerinnen, sich mithilfe der Fake-Profile das Vertrauen ihrer Opfer zu erschleichen, um dann irgendwann nach Geld zu fragen, wenn angeblich die Oma krank ist oder das Geld für den Flug zum Geliebten nicht reicht. Allerdings verwenden Kriminelle hier oft auch Profile, die sehr unauffällig daherkommen.

Laut Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen sitzen die Täter im In- und Ausland, arbeiten alleine oder in Gruppen. Dass die Anfragen automatisiert verschickt werden, hält das LKA eher für unwahrscheinlich, dafür seien diese zu gezielt. Vorwiegend erhalten die Sex-Anfragen nämlich Männer fortgeschrittenen Alters , allerdings nicht ausschließlich. Betroffen sind alle gängigen Netzwerke, neben Facebook also auch Instagram und Twitter, aber auch Tiktok, obwohl es vor allem bei jungen Menschen beliebt ist. Die Frage ist: Warum muten die Plattformen ihren Nutzern die Belästigung bloß zu?

Weil es ihnen nicht gelinge, alle gefälschten Profile rechtzeitig zu enttarnen - das sagt Facebook auf Anfrage. Zwar gehe man gegen die Fake-Profile vor, allein zwischen April und Juni habe man 1,7 Milliarden Stück entfernt. Allerdings gelangten manche trotzdem auf die Plattform, und zwar dann, wenn sie nicht von Anfang an verdächtig erschienen. Im Zweifel warte man erst einmal ab.

Wer sich also schützen will, kann dies aber selber tun: Nutzer können den Kreis derjenigen eingrenzen, die ihnen Freundschaftsanfragen schicken dürfen. Bei Facebook funktioniert das so: Man geht auf "Einstellungen", dann auf "Zielgruppe und Sichtbarkeit", dort zum Button "So kann man dich finden und kontaktieren", und dann deaktiviert man bei der Frage "Wer kann dir Freundschaftsanfragen senden" ein Wort mit vier Buchstaben und unendlicher Wirkung: "Alle".

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