Vucic über Flüchtlingsstrom aus Serbien:"Wir sind keine Rassisten"

Vucic über Flüchtlingsstrom aus Serbien: Aleksandar Vučić ist seit April 2014 Ministerpräsident von Serbien. Der 45-jährige Jurist war während des Bosnienkrieges politisch aktiv als scharfer Nationalist. Heute ist er auf EU-Kurs.

Aleksandar Vučić ist seit April 2014 Ministerpräsident von Serbien. Der 45-jährige Jurist war während des Bosnienkrieges politisch aktiv als scharfer Nationalist. Heute ist er auf EU-Kurs.

(Foto: AP)

Serbiens Premier Aleksandar Vučić spricht im Interview über die Probleme auf dem Balkan, Versöhnung zwischen Serben und bosnischen Muslimen - und die Motive von Asylbewerbern aus seinem Land.

Von Stefan Kornelius und Nadia Pantel

Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vučić hat die EU und besonders Deutschland zu mehr Engagement auf dem Balkan aufgefordert und vor neuer Instabilität in der Region gewarnt. Anders als in der Ukraine habe auf dem Balkan ein großer Krieg begonnen, dieser Teil Europas brauche deshalb "mehr Aufmerksamkeit", sagte Vučić in einem Interview der Süddeutschen Zeitung (Dienstagausgabe).

Vučić warnte vor immer wieder aufflammenden Feindseligkeiten und mahnte die Volksgruppen auf dem Balkan, die "Geisteshaltung zu ändern und sich nicht ständig als Opfer zu stilisieren". Der serbische Premier war vor zwei Wochen bei der Gedenkfeier zum 20. Jahrestag des Massakers in Srebrenica von einem wütenden Mob angegriffen und mit Steinen beworfen worden. Vučić sagte, diese Situation sei nicht angenehm gewesen, aber er habe sich vor den Opfern verbeugen wollen. "Vor den Steinen habe ich mich nicht weggeduckt."

"Das sind ja keine Asylbewerber. Die wollen nur deutsches Geld"

Vučić ist seit April 2014 Ministerpräsident Serbiens und betreibt einen rigorosen Spar- und Reformkurs in seinem Land. Während er noch in den Bosnien-Kriegen als scharfer Nationalist aufgefallen war, zeigt er sich jetzt gewandelt und ruft zur Verständigung auf. "Die Serben verstehen, dass die Menschen in Bosnien immens gelitten haben", so Vučić, "die Probleme dürfen nicht bei jedem Jahrestag wieder aufflammen".

Vučić lehnt freilich die Bezeichnung Völkermord für das Massaker in Srebrenica ab, wie es in einer letztlich von Russland gestoppten UN-Resolution gefordert worden war. "Können Sie zwei Leute nennen, die sich auf der Basis eines Resolutionsentwurfs versöhnt haben", fragte er rhetorisch und warnte vor wechselseitigen Schuldzuweisungen per UN-Beschluss.

Die Serben in der Republika Srpska, einer von zwei Entitäten des Nachbarstaates Bosnien-Herzegowina, warnte Vučić vor einem für September geplanten Referendum, das die Abspaltung der serbischen Zone zur Folge haben könnte. Serbien unterstütze diese Politik nicht. Gleichzeitig plädierte er für eine langsame, aber kontinuierliche Annährung seines Landes an Kosovo, warnte aber auch hier vor einer Überforderung der serbischen Bürger - etwa indem man von ihnen die Anerkennung Kosovos als Staat fordere. "Wir tun unser Bestes, um die Situation mit den Kosovaren zu entspannen. Serben sind Teil der Regierung und des politischen Lebens in Kosovo."

Gefragt nach den Asylbewerbern, die aus Serbien nach Deutschland kommen, sagte Vučić: "Das sind ja keine Asylbewerber. Die wollen nur deutsches Geld." Serbien tue sein Bestes, um den Lebensstandard zu verbessern. Dafür brauche man deutsche Unterstützung. Sorge bereiteten die Lebensumstände der Roma, die vor allem das Land Richtung Deutschland verließen. Vučić rechnete aber vor, dass die deutsche Unterstützung für Asylbewerber als interessante Finanzierungsquelle erachtet werde. Der Durchschnittslohn in Serbien liege bei 380 Euro pro Monat.

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