Serbien und Kosovo:Kleinkrieg an der Grenze

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Serbien und Kosovo streiten, wer die Übergänge zwischen beiden Ländern kontrolliert. Ein Polizist stirbt dabei. Mit dem Grenzkonflikt spitzt sich das angespannte Verhältnis der Nachbarn gefährlich zu.

Enver Robelli

Das Verhältnis zwischen Serbien und Kosovo ist traditionell angespannt, mit dem Grenzstreit spitzt es sich gefährlich zu. Die Sondereinheiten der kosovarischen Polizei haben nach einem Kleinkrieg mit serbischen Nationalisten im Norden des Landes zwei Grenzübergänge zu Serbien verlassen. Mit der Überraschungsaktion wollte die Regierung in Pristina Zollkontrollen in dieser von Serben dominierten Region wieder einführen.

Barrikade im Norden Kosovos: Französische UN-Soldaten räumen die Straßensperre, die Serben errichtet haben. (Foto: REUTERS)

Die Übergänge im Hinterland der ethnisch geteilten Stadt Mitrovica waren im Jahr 2008, kurz nach der kosovarischen Unabhängigkeitserklärung, von aufgebrachten Serben in Brand gesteckt worden. Seither gab es dort keine Kontrollen mehr. An der Grenze standen kosovarische Polizisten serbischer Abstammung, die aber nur Befehle lokaler Polizeikommandanten entgegennahmen und die Zentralregierung in Pristina ignorierten.

Das Kabinett von Ministerpräsident Hashim Thaci will auch im Norden ein letzte Woche gegen Serbien verhängtes Handelsembargo durchsetzen. Die Maßnahme erfolgte als Antwort auf die Blockade Belgrads für kosovarische Güter, die seit Februar 2008 gilt. Damals hatte die seit 1999 unter UN-Verwaltung stehende Provinz die Unabhängigkeit erklärt und neue Zollstempel mit der Aufschrift "Republik Kosovo" eingeführt. Serbien lehnt die Einfuhr von Gütern mit diesem Stempel ab. Zwar verbietet die Balkan-Freihandelszone Cefta Handelsblockaden, aber davon wollen die Regierungen in Belgrad und in Pristina nichts wissen.

An den Grenzübergängen im Norden herrschte am Mittwoch eine unübersichtliche Lage. Die Regierung in Pristina bestätigte den Abzug der Spezialeinheiten, behauptete jedoch, dort seien kosovarische Zöllner stationiert worden. Serbische Quellen dementierten diese Meldungen. Demnach seien an der Grenze wie bisher nur lokale serbische Polizisten im Einsatz. Bei Auseinandersetzungen mit Serben war am Dienstag ein kosovarischer Polizist vermutlich von einem Heckenschützen getötet worden.

Im Norden des Kosovo haben seit Kriegsende 1999 serbische Parallelinstitutionen das Sagen. Weder der UN-Verwaltung noch der EU-Rechtstaatsmission ist es bisher gelungen, dort für Recht und Ordnung zu sorgen. Die Region gilt als ein Dorado für Benzinschmuggler, Autodiebe und Menschenhändler. Das Geschäft blüht auch dank der engen Zusammenarbeit zwischen serbischen und kosovo-albanischen Banden.

Die serbische Regierung verlangte eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates wegen des Grenzkonflikts. Das Gremium solle die Übernahme der Kontrollpunkte durch die Regierung in Pristina verurteilten, teilte das Außenministerium in Belgrad mit.

Die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft fielen unterschiedlich aus. Der EU-Gesandte in Pristina Fernando Gentilini nannte die Aktion nicht hilfreich, die USA bedauerten nur, dass die Kosovo-Regierung den Einmarsch nicht mit den westlichen Akteuren koordiniert habe. Washington hatte das kosovarische Handelsembargo gegen Serbien offen unterstützt. Andere Diplomaten zeigten Verständnis für die Entsendung der Spezialpolizei im Norden, um die Gesetzlosigkeit zu beenden.

© SZ vom 28.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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