Dass sie überhaupt wieder offiziell miteinander reden, gilt schon als Erfolg; für die Europäische Union, die sich inzwischen wieder stärker den Geschehnissen in ihrer unmittelbarer Nachbarschaft zuwendet, dem westlichen Balkan, ist es immerhin ein Achtungserfolg: Serbiens Präsident Aleksandar Vučić und der Premier von Kosovo, Albin Kurti, trafen sich am Dienstag auf Einladung der EU in Brüssel, um irgendwie ein Stück weiterzukommen in ihrer ebenda im Jahr 2013 schriftlich vereinbarten "Normalisierung" ihrer Beziehungen.
Was Normalität in dem Fall genau bedeuten könnte, darüber klaffen die Ansichten weiterhin sehr weit auseinander. Nach einem verheerenden Krieg Ende der 1990er-Jahre hat Kosovo sich 2008 schließlich von Serbien abgespalten, doch die dortige Regierung erkennt die ehemalige Provinz nach wie vor nicht als unabhängigen Staat an - und betont bei allen erdenklichen Gelegenheiten, dass sie das auch in Zukunft nicht tun wird. So auch, dem Vernehmen nach, jetzt in Brüssel: Serbiens Präsident Vučić erzählte nach dem Treffen, sein Gesprächspartner habe ihn geradeheraus gefragt, wann er denn endlich die Unabhängigkeit Kosovos anerkennen werde. "Meine Antwort war: Nie!", so Vučić. Darauf sei Kurti aus der Haut gefahren.
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Der wiederum stellte den Verlauf des Gesprächs im Anschluss etwas weniger verheerend dar: Die Darstellung, es habe eine negative Atmosphäre geherrscht, sei "subjektiv", weder habe es "Zwischenfälle" gegeben, noch hätten solche unmittelbar gedroht. Er selbst habe das Treffen hingegen als "konstruktiv" wahrgenommen, so Kurti. Man habe nun immerhin einen "ehrlichen Zugang zu den Problemen". Und die "gegenseitige Anerkennung" der beiden Länder fordere ja nun einmal auch US-Präsident Biden.
Vučić wirft Kurti vor, er verweigere sich früheren Vereinbarungen über die Rechte der serbischen Minderheit in Kosovo, während er immer wieder auf dem Thema Unabhängigkeit herumreite. Nichtsdestotrotz wolle man den Dialog unter Führung der EU fortsetzen und sich vor Ende Juli erneut treffen.
Auch der zuständige EU-Sondergesandte Miroslav Lajčák hob die positive Sicht auf die Dinge hervor: Beide Gesprächspartner seien "sehr offen und ehrlich in Bezug darauf gewesen, was sie in dem Dialog wollen". Es sei nicht leicht gewesen. Aber wichtig sei doch, dass das Gespräch überhaupt stattgefunden hat.