Serbien:Mladic soll mysteriöse Morde aufklären

Mussten zwei Soldaten sterben, weil sie 2004 den flüchtigen Ratko Mladic sahen? Serbische Anwälte hoffen bei der Aufklärung der Morde auf die Mithilfe des verhafteten Ex-Generals. Der muss sich in Den Haag vor einem deutschen Richter verantworten.

Vor seiner Auslieferung an das UN-Tribunal in Den Haag soll der mutmaßliche serbische Kriegsverbrecher Ratko Mladic noch zwei mysteriöse Morde in Belgrad aufklären.

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Ein Graffiti in Belgrad zeigt den ehemaligen serbischen Militärchef, Ratko Mladic. Ex-Regierungschef Vojislav Kostunica soll seit 2006 über dessen Verbleib informiert gewesen sein.

(Foto: AFP)

Das verlangten die Anwälte der Soldaten Dragan Jakovljevic und Drazen Milovanovic in serbischen Medien. Die Soldaten waren am 5. Oktober 2004 bei einem mysteriösen Zwischenfall in einer Belgrader Kaserne ums Leben gekommen.

Als Grund wurde spekuliert, die beiden Soldaten hätten den flüchtigen Mladic in der Kaserne gesehen. Um sie als Zeugen zu beseitigen, seien sie von den Mladic-Leibwächtern ermordet worden.

Nach offizieller Darstellung der Armee soll dagegen Jakovljevic aus unbekannten Gründen zuerst seinen Kameraden umgebracht und sich dann selbst getötet haben. Eine unabhängige Expertenkommission kam allerdings zu dem Schluss, beide seien von einem Dritten aus nächster Nähe erschossen worden.

Der wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagte Mladic war am Donnerstag in dem serbischen Dorf Lazarevo verhaftet worden. Dem früheren Militärchef der bosnischen Serben wird tausendfacher Mord vorgeworfen. Neben dem Massaker von Srebrenica, bei dem 1995 in der UN-Schutzzone 8000 muslimische Männer und Jungen ermordet wurden, wird der 69-Jährige auch für die jahrelange Belagerung und den Beschuss von Sarajevo verantwortlich gemacht.

Ex-Regierungschef Kostunica schützte Mladic

Nach Berichten der kroatischen Zeitung Jutarnji list hat der frühere serbische Regierungschef Vojislav Kostunica jahrelang die Ergreifung Mladics verhindert. Die serbische Regierung habe seit 2006 genau gewusst, wo sich der frühere General versteckt hielt, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Depeschen der US-Botschaft in Belgrad, die von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht wurden.

Erst nach dem Ende der Kostunica-Regierung habe die neue Regierung unter Führung der DS-Partei des noch amtierenden Präsidenten Boris Tadic seit 2009 ernsthaft mit der Suche nach Mladic begonnen.

Das Völkermord-Verfahren gegen den 69-Jährigen soll der deutsche Jurist Christoph Flügge leiten. Der frühere Berliner Justizstaatssekretär war 2008 von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon als Richter in das Haager Tribunal berufen worden. Er gilt als Experte für das Strafrecht, den Strafvollzug und inzwischen auch als guter Kenner des Völkerstrafrechts. Als Vorsitzender Richter wird der 63-jährige Flügge von einem niederländischen und einem südafrikanischen Kollegen unterstützt.

Nach Angaben der serbischen Staatsanwaltschaft soll der Ex-General "spätestens in sieben Tagen" an das Tribunal überstellt werden. Alle Voraussetzungen dafür seien erfüllt, entschied ein Gericht in Belgrad. Allerdings hat Mladics Anwalt angekündigt, Berufung gegen den Auslieferungsbeschluss einzulegen. Das Gericht muss dann binnen drei Tagen darüber entscheiden.

Der UN-Sicherheitsrat begrüßte die Festnahme Mladics und die Bereitschaft der serbischen Behörden, ihn an das Den Haager Tribunal auszuliefern.

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