Serbien:Mehr als eine Posse

Die EU muss den Balkan-Ländern weiterhin einen Beitritt ermöglichen.

Von Nadia Pantel

Um das Hässlichste aus Menschen herauszukitzeln, muss man ihnen Nachbarn geben. Ob jemand laute Musik und Laubhaufen toleriert, hängt oft davon ab, ob Lärm und Schmutz selbst verursacht sind oder aus der nächsten Wohneinheit kommen. Beim Blick über den Zaun schrumpft das Herz.

Kosovo und Serbien sind einander die wohl schwierigsten Nachbarn, die Europa aktuell zu bieten hat. Grund für beide Seiten, sich still und höflich zu verhalten? Nein. Serbien schickte am Sonntag einen Personenzug Richtung Nachbarland, auf dem in riesigen Lettern zu lesen stand: "Kosovo ist Serbien." Dass Serbiens Premier Aleksandar Vucic den Zug kurz vor der Grenze zu Kosovo stoppen ließ, verkaufte er als Friedensgeste. Nur so habe man einen Konflikt vermeiden können.

So billig die Provokation ist und so absurd die Inszenierung Serbiens als Friedensstifter - dieser Zug war nicht einfach eine Posse. Er war die Erinnerung daran, dass der Frieden in Europa Ergebnis schmerzhafter Kompromisse ist. Die Zusammenarbeit zwischen Kosovo und Serbien beruht auf dem Versprechen, dass beide Teil der EU werden können. Für die Arroganz und Kurzsichtigkeit, mit der diese EU zurzeit aus sich selbst heraus zerstört wird, werden zunächst nicht die Farages, Le Pens oder Petrys in der Mitte der Gemeinschaft zahlen. Der Zerfall wird an den Rändern beginnen - dort, wo die EU eigentlich noch Hoffnung bedeutet.

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