Süddeutsche Zeitung

Senatorin von New York:Kennedy nach Clinton

Nach dem Skandal um Barack Obamas Senatssitz geht das Gezerre um Hillary Clintons Posten los: Caroline Kennedy will Senatorin von New York werden - es gibt Zweifel, ob sie es kann.

Reymer Klüver, Washington

Der Kreis würde sich schließen. Caroline Kennedy, die letzte überlebende Tochter des legendären Präsidenten John F. Kennedy, würde eine Familientradition fortsetzen. Ohne Zweifel.

Schließlich war schon ihr Onkel Senator von New York, ehe er 1968 ermordet wurde. Und ihr anderer Onkel Edward, noch der Senator aus Massachusetts, würde es mit Wohlgefallen sehen, wenn sie in seine Fußstapfen treten würde.

Vergangene Woche jedenfalls hat die 51-jährige Anwältin bei New Yorks Gouverneur David Paterson angerufen, um, wie es offiziell hieß, über den freiwerdenden Sitz des Junior-Senators von New York zu sprechen. Tatsächlich heißt das, dass die Präsidententochter die Nachfolge von Hillary Clinton antreten will.

Der Zank der Clans

Die muss ihren Senatsposten aufgeben, wenn sie als Außenministerin ins Kabinett Obama eintritt. Die Nachfolge bestimmt allein der Gouverneur. Seither überschlagen sich Amerikas Medien ob der Aussicht.

Dabei hat die Präsidententochter - im Gegensatz zu manch anderen ihrer vielen Vettern und Kusinen - lange von Politik wenig wissen wollen. Erst Anfang des Jahres änderte sich das, und zwar auf spektakuläre Weise. In einem Meinungsbeitrag in der New York Times erklärte sie ihre Unterstützung für Barack Obama. Damit war klar, dass der Kennedy-Clan nicht die Clintons, sondern Obama als Sachwalter des politischen Familienerbes auserkoren hatte.

Seither ist sie im politischen Geschäft: Sie trat für Obama auf, mit Charme und Bestimmtheit. Und sie wurde vom in den Vorwahlen siegreichen Kandidaten auserkoren, federführend bei der Auswahl eines Vizepräsidentschaftskandidaten zu helfen.

Auch das erledigte sie zur wechselseitigen Zufriedenheit. Bald war sie im Gespräch für Botschafterposten in einer möglichen Obama-Administration - bei den Vereinten Nationen in New York oder in London.

Und nun also der Posten im Senat. Die Familie jedenfalls macht mächtig Lobbyarbeit. Ihr Vetter Robert F. Kennedy, Sohn des ermordeten Präsidentenbruders und ein prominenter Umweltschützer, hat ihr Interesse an dem Job bestätigt: "Ich glaube, dass sie darüber nachdenkt", sagte er vergangene Woche.

US-Medien sind Feuer und Flamme

Ungefragt wies er Bedenken zurück, dass seine zurückhaltend wirkende Kusine einen Vergleich mit ihrer möglichen Vorgängerin und deren Fleiß und Durchsetzungskraft nicht standhalten würde: "Keiner, der Caroline kennt, wird daran Zweifel haben, dass sie genug Feuer hat. Sie ist ein Workaholic." Und Onkel Ted, dem sie nahe steht, hat mit Abscheu und Empörung Berichte dementiert, dass er beim Gouverneur für seine Nichte antichambriert haben könnte.

In der Demokratischen Partei - und unter denen, die sich in den Zeitungen und Blogs des Landes erklären - gibt es zwei Fraktionen. Die einen sind Feuer und Flamme ob der Aussicht. Eine große Familientradition würde würdig fortgesetzt. Gerade Frauen ist zudem wichtig, dass wieder eine Frau den Senatsposten bekleidet.

Aber es gibt ebenso erbitterte Gegner: Nichts außer ihrem Namen würde Caroline Kennedy auszeichnen. Allerdings dürfte wohl niemand leugnen, dass Kennedy wie wenig andere im Stande wäre, sowohl bei der fälligen Nachwahl 2010 und der regulären Senatswahl zwei Jahre später Wahlkampfspenden zu mobilisieren. Kennedy ist nicht die einzige Anwärterin für den Posten.

Prominentester Mitbewerber ist New Yorks Justizminister Andrew Cuomo, auch er Spross einer alteingesessenen demokratischen Politikerfamilie. Er übt sich, jedenfalls öffentlich, in Zurückhaltung.

Die Entscheidung liege einzig beim Gouverneur. Der macht sich indes bereits lustig über das Gezerre. Die Spekulationen und Intrigen wären ohne weiteres Stoff für eine Vorabendserie, witzelt Paterson. "Ich hab den Job noch niemandem angeboten."

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SZ vom 13.12.2008/bavo
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