Süddeutsche Zeitung

Seenotrettung:Sea-Eye rettet weitere 44 Menschen

  • Die Crew des Schiffes Alan Kurdi der Organisation Sea-Eye hat zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage Menschen von einem im Mittelmeer treibenden Boot gerettet.
  • Unter den 44 Geretteten befinden sich Angaben der Organisation Sea-Watch zufolge auch drei Kinder im Alter zwischen 15 Monaten und vier Jahren.
  • Die Hilfsorganisation Sea-Watch will die gesammelten Spenden für ihre Kapitänin Rackete mit anderen Seenotrettern gemeinsam nutzen.
  • EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos fordert von den Mitgliedsstaaten feste Regeln für die Verteilung von Flüchtlingen.

Es ist noch keine 24 Stunden her, dass das Rettungsschiff Alan Kurdi von Malta aus zurück ins Einsatzgebiet auf dem Mittelmeer gefahren ist. Jetzt meldet die deutsche Crew, dass sie erneut 44 Migranten gerettet habe. Der Einsatz sei in Kooperation mit den maltesischen Behörden erfolgt, erklärte die Organisation aus Regensburg auf Twitter.

Dem Sea-Eye-Sprecher und Einsatzleiter Gordon Isler zufolge berichteten die Menschen, dass sie bereits seit fast drei Tagen auf dem Meer gewesen sein. Die Geretteten stammen aus Syrien, Libyen, Pakistan, Bangladesch und Guinea. Unter den Geretteten seien auch drei Kinder im Alter zwischen 15 Monaten und vier Jahren. Die Flüchtlinge seien nach eigenen Angaben am frühen Samstagmorgen in der libyschen Hafenstadt Zuwara gestartet.

Die Menschen seien auf einem Holzboot unterwegs gewesen, das zuvor von dem privaten Suchflugzeug Colibri ausgemacht worden war. Der Rettungsorganisation "Sea Watch International" zufolge sollen tunesische Fischer das Boot entdeckt und die maltesischen Behörden informiert haben. Diese hätten an alle Schiffe in der Region eine Nachricht herausgegeben mit der Aufforderung zu helfen. Eine Bestätigung aus Malta gab es zunächst nicht, die Organisation Sea-Eye aber twitterte ein Bild, das die entsprechende Nachricht zeigt. Sea-Eye zufolge werden die Geretteten mit einem Schiff der maltesischen Marine an Land gebracht.

Erst am Sonntag hatte sich Malta bereit erklärt, 65 von Sea-Eye gerettete Migranten an Land zu lassen. Von dort wurden sie auf andere EU-Länder verteilt. Das hatte Maltas Premierminister Joseph Muscat per Twitter bekannt gegeben. Vorausgegangen waren demnach Beratungen mit der EU-Kommission und der deutschen Bundesregierung. Keiner der Geretteten werde in Malta bleiben. Der Fall sei nicht unter der Verantwortung Maltas gewesen, so Muscat. Italien hingegen hatte der Alan Kurdi die Einfahrt in den Hafen von Lampedusa verboten. Rettungseinsätze von privaten Seenotrettern endeten zuletzt immer wieder in langen Hängepartien oder mit der Beschlagnahmung von Rettungsschiffen. Besonders viel Aufmerksamkeit hatte der Fall der Kapitänin Carola Rackete bekommen, die mit dem Schiff Sea-Watch 3 und geretteten Migranten an Bord unerlaubt nach Lampedusa gefahren war. Gegen sie wird in Italien ermittelt.

Die Hilfsorganisation Sea-Watch will die für die Kapitänin gesammelten Spenden mit anderen Seenotrettern gemeinsam nutzen. "Es wird ein Gremium gebildet, weil wir das Geld möglichst effektiv für die Seenotrettung einsetzen wollen, nicht nur für Sea-Watch, sondern wir wollen gemeinsam schauen, wo es am dringendsten gebraucht wird", sagte Sprecher Ruben Neugebauer der Deutschen Presse-Agentur. In diesem Gremium seien unter anderem Vertreter von Hilfsorganisationen und von dem Netzwerk Seebrücke, das sich für die Rettung von Migranten auf dem Mittelmeer einsetzt.

Ein Teil der Spenden soll für die Verfahrenskosten von Rackete verwendet werden. Nach der Festnahme der 31-Jährigen in Italien gab es eine Welle der Solidarität. Allein über den Aufruf der Fernsehmoderatoren Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf kamen bisher knapp eine Million Euro Spenden zusammen.

Die EU-Kommission fordert die Mitgliedsstaaten auf, sich auf vorläufige Regeln zur Verteilung von Flüchtlingen zu einigen. "Die Herausforderungen der Migration können nicht nur in der Verantwortung von Italien und Malta liegen, nur weil sich diese Staaten am Mittelmeer befinden", sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos der Welt. Bis die neuen Regeln zur Verteilung von Flüchtlingen umgesetzt würden, fordere er daher alle EU-Mitgliedsländer auf, "ihre Arbeit zu beschleunigen und vorläufige Vereinbarungen zu finden, wie mit den Menschen umzugehen ist, wenn sie die Rettungsschiffe verlassen haben". Dabei müssten Situationen wie im Fall der Sea-Watch 3 und der Alan Kurdi, aber auch ähnliche Vorfälle, in denen die Kommission Einzelfalllösungen zwischen den Mitgliedsstaaten koordiniert habe, verhindert werden.

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