Verfassungsschutz:Plan für einen Polizeistaat

Verfassungsschutz: Innenminister Seehofer will den Verfassungsschutz aus der digitalen Steinzeit holen.

Innenminister Seehofer will den Verfassungsschutz aus der digitalen Steinzeit holen.

(Foto: AFP)

Innenminister Seehofer will die Daten von Kindern speichern lassen. Aber gefährdete Minderjährige sind kein Fall für den Geheimdienst.

Kommentar von Constanze von Bullion, Berlin

Horst Seehofer, der Bundesinnenminister, will das Verfassungsschutzgesetz reformieren und den Dienst aus der digitalen Steinzeit holen. Das ist verständlich: Bei der Beobachtung von Extremisten bleiben Verfassungsschützer oft außen vor. Sie dürfen zwar Telefone abhören - dort aber schmieden Radikale kaum mehr ihre Pläne. Sie operieren meist bei Messenger-Diensten oder auf Spiele-Plattformen. Hier hat der Verfassungsschutz keinen Zutritt.

Wer nicht will, dass Islamisten, Neonazis oder militante Linke sich ungestört bei Whatsapp zu Straftaten verabreden, kann den Wunsch des Dienstes nach Einblick nicht gleich von der Hand weisen. Verfehlt aber ist der Plan, die Daten von Kindern jeden Alters zu speichern, deren Familien unter Extremismusverdacht stehen. Bisher ist das nur ab 16 Jahren erlaubt.

Das Vorhaben begründet das Ministerium damit, dass man Kinder von IS-Anhängern unterstützen wolle, bevor sie Deutschland gefährdeten. Das jedoch ist Unfug. Aufgehetzten und traumatisierten Minderjährigen müssen Therapeuten und Sozialarbeiter helfen, Geheimdienstleute sind da fehl am Platz. Und Dossiers über politische Ansichten von Kindern, die womöglich über Jahre nicht gelöscht werden, können ein junges Leben schwer belasten. Sie passen besser in einen Polizeistaat.

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Verfassungsschützer sollen künftig auch Daten von unter 14-Jährigen speichern dürfen. Dafür sollen auch Messengerdienste und Gamingplattformen bespitzelt werden. Widerstand kommt einem Medienbericht zufolge aus dem Justizministerium.

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