Bundesbauminister:Seehofer fordert mehr Einfluss für Bundesländer bei Grundsteuer

Unterzeichnung einer Vereinbarung zu Asylverfahren

Bauminister Seehofer ist mit den Plänen von Finanzminister Scholz nicht einverstanden.

(Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)
  • Kanzlerin Merkel und Bauminister Seehofer wollen den Bundesländern mehr Einfluss bei der Grundsteuer ermöglichen.
  • Ein Entwurf von Finanzminister Scholz sieht vor, dass die Grundsteuer auch künftig nach bundeseinheitlichen Regelungen erhoben werden soll.
  • Seehofer kündigte an, dem Entwurf nicht zuzustimmen, wenn er keine Öffnungsklausel zu individuellen Ausgestaltung durch die Länder beeinhalte.

Von Constanze von Bullion und Cerstin Gammelin, Berlin

Im Streit um eine einheitliche Grundsteuer in Deutschland will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Bundesländern mehr Einfluss ermöglichen. "Ich habe durchaus Sympathie für den Vorschlag meiner Fraktion, dass man auch Abweichungsmöglichkeiten ermöglicht", sagte sie am Mittwoch im Bundestag. Deutschland habe ohnehin kein einheitliches Steuerrecht. "Insofern ist es eine Fiktion zu sagen, es muss alles über einen Kamm geschoren werden." Auch Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) forderte am Mittwoch eine Klausel, die den Ländern die individuelle Ausgestaltung der neuen Grundsteuer erleichtern soll. "Ohne eine Öffnungsklausel werde ich dem Entwurf von Olaf Scholz nicht zustimmen. So kann das nicht ins Kabinett", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Damit ist klar: Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) muss seinen Entwurf zur Reform der Grundsteuer nachbessern, den er am Dienstag vorgelegt hatte. Er sieht vor, dass die Grundsteuer auch künftig nach bundeseinheitlichen Regelungen erhoben werden soll. Sie soll wertabhängig berechnet werden, die Bürgermeister der Gemeinden sollen über den Hebesatz ihre endgültige Höhe bestimmen dürfen. Eine Öffnungsklausel hatte Scholz nicht vorgesehen und verfassungsrechtliche Bedenken angeführt.

Der Bundesfinanzminister hatte sich damit wissentlich über eine Forderung Bayerns hinweggesetzt. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bei den vorausgegangenen Verhandlungen der Länder mit Scholz die Klausel bereits gefordert. Ohne Öffnungsklausel werde er der Reform nicht zustimmen, hatte der CSU-Chef ein Veto eingelegt.

Bundesinnenminister Seehofer, der auch für Bauen und Wohnen zuständig ist, stellte sich am Mittwoch "sehr nachdrücklich" hinter die Forderung aus Bayern - und damit gegen Scholz. "Wir wollen die Reform der Grundsteuer. Wir wollen sie gerecht. Wer größere Grundstücke hat, soll bezahlen", sagte er. "Aber wir wollen den Ländern hier einen Gestaltungsspielraum sichern." Zwischen Hamburg und Garmisch-Partenkirchen seien die Verhältnisse zu unterschiedlich, um eine sinnvolle, bundesweit einheitliche Regelung zu finden. "Ich sage das nicht, weil Bayern ein reiches Land ist". Vielmehr gehe es um eine Lösung, die jeweils vor Ort praktikabel sei: "Ein Gesetz ohne Öffnungsklausel wäre zu kompliziert und zu bürokratisch. Die Kommunen brauchen eine möglichst einfache Lösung".

Scholz ist auf Seehofer sowie die anderen CSU-Bundesminister angewiesen, um das Gesetz durch das Kabinett zu bringen. Dennoch hatte er den Entwurf am Dienstag ohne Öffnungsklausel in die Ressortabstimmung gegeben - und damit doppelt Verdruss ausgelöst. In der Unionsfraktion hieß es, Scholz habe sich über ein Veto aus dem Kanzleramt hinweggesetzt. Kanzleramtschef Helge Braun habe dem Ministerium in der Vorabstimmung mitgeteilt, der Entwurf sei nicht reif für die Abstimmung. Im Bundesfinanzministerium hieß es dagegen, es seien keine Einwände eingegangen. Regierungssprecher Steffen Seibert wollte den Widerspruch nicht aufklären. Man berichte grundsätzlich nicht über regierungsinterne Vorgänge, sagte er.

Das Kanzleramt hat die Ressortabstimmung am Mittwoch vorläufig angehalten. Das Kabinett werde erst über den Gesetzesvorschlag abstimmen, wenn man sich über die Öffnungsklausel geeinigt habe, hieß es. Scholz will alle Beteiligten einladen, um zu beraten, ob und wie das Grundgesetz geändert werden muss, um den Ländern mehr Freiheit bei der Grundsteuer zu geben. "Es gibt vor dem Kabinettsbeschluss eine Anhörung, um alles zu klären", sagte eine Sprecherin von Scholz. Dem Bundesfinanzminister stehe es selbstverständlich frei, nun bei einer Anhörung eine Lösung zu suchen, sagte Seehofer. "Mit mir ist darüber nicht gesprochen worden." Den Entwurf ohne Öffnungsklausel ins parlamentarische Verfahren zu schicken, also ohne Einigung zwischen den Ressorts lehne er ab. "Ich halte nichts davon, dass eine Regierung offene Fragen ins Gesetzgebungsverfahren gibt. Da brauchen wir Klarheit von Anfang an." Die Anhörung soll nach Ostern stattfinden. Erst danach wird das Kabinett beraten.

Unionsfraktionsvize Andreas Jung (CDU) sagte am Mittwoch, aus Sicht der Union sei "die Sachlage klar". Die Klausel könne ohne Änderung des Grundgesetzes eingefügt werden. "Das hat das zuständige Innenministerium geklärt". Das Gutachten habe Scholz vorgelegen

Das Bundesverfassungsgericht hat die Regierung beauftragt, die Grundsteuer wegen überalterter Grundstückswerte zu reformieren. Bis Ende des Jahres ist dafür Zeit. Andernfalls fällt die Steuer ersatzlos weg. Die Gemeinden müssten dann auf Einnahmen von rund 14 Milliarden Euro verzichten.

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