Süddeutsche Zeitung

Migration:Merkel und Seehofer planen Aufnahme von 1500 Geflüchteten

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Es geht dabei um Familien mit Kindern, die aber nicht alle aus dem abgebrannten Lager auf der Insel Lesbos stammen. Unklar ist, ob dem Koalitionspartner SPD das weit genug geht.

Die Bundesregierung ist bereit, weitere 1500 Geflüchtete aus Griechenland nach Deutschland einreisen zu lassen. Wie die Süddeutsche Zeitung aus Regierungskreisen erfuhr, geht es um 400 Familien, deren Asylverfahren bereits abgeschlossen ist und die als schutzberechtigt anerkannt sind. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat dem Vorschlag zugestimmt. Er soll am Dienstagabend der Unionsfraktion im Bundestag unterbreitet werden. Zuvor hatten bereits mehrere Medien darüber berichtet.

Den Berichten zufolge ist der Vorschlag mit der griechischen Regierung bereits besprochen worden. Die Flüchtlinge kämen nicht nur aus Lesbos und dem dort abgebrannten Lager Moria, wurde betont. Dies sei auch der griechischen Regierung wichtig, heißt es.

Ob die SPD dem zustimmen wird, ist allerdings noch offen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich betonte nach Bekanntwerden des Aufnahmeplans, die Bundesregierung bestehe nicht allein aus der Kanzlerin und dem Innenminister. "Und schon gar nicht gelten deren Verabredungen, sondern nur (die), die man innerhalb der Koalition trifft", sagte Mützenich in Berlin. Die SPD strebe eine "substanzielle Verabredung" zur Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge und über Vororthilfe in Griechenland an. Er sei sehr zuversichtlich, dass die Gespräche in der Koalition nicht nur zu einer gemeinsamen Zahl, sondern auch einem gangbaren Weg führten.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hatte zuvor gefordert, Deutschland müsse zusätzlich zu den bereits gemachten Hilfsangeboten mehrere Tausend Geflüchtete aus Griechenland aufnehmen.

Die griechischen Behörden gehen davon aus, dass das seit Jahren heillos überfüllte Flüchtlingslager Moria vergangene Woche von Migranten angezündet worden war. Zuvor war die Situation dort eskaliert, nachdem mehrere Asylbewerber positiv auf das Coronavirus getestet worden war.

Seehofer hatte am Freitag mitgeteilt, Deutschland werde von insgesamt 400 unbegleiteten Minderjährigen, die aus Griechenland in andere europäische Länder gebracht werden sollen, 100 bis 150 Jugendliche aufnehmen. Zudem betonte er, man wolle dann in einem zweiten Schritt mit Athen über die Aufnahme von Familien mit Kindern sprechen. Das Bundesinnenministerium will eine Delegation nach Lesbos schicken, um zu schauen, wer am dringendsten Schutz benötigt. Ziel sei es, bei der Auswahl "objektive Kriterien" anzuwenden, "damit keine unkontrollierbaren Folgewirkungen entstehen", hieß es aus dem Ministerium.

Die griechischen Behörden haben - abgesehen von den 400 unbegleiteten Minderjährigen - offiziell bislang nicht um die Aufnahme der nun obdachlos gewordenen Menschen in anderen EU-Staaten nachgesucht. Vielmehr begann man auf Lesbos mit dem Aufbau eines Zeltlagers, in dem die Migranten erst einmal unterkommen sollen. Viele von ihnen zögern jedoch, dort ein Zelt zu beziehen. Einige Migranten haben Angst, dort eingesperrt zu werden, andere hoffen auf eine Umsiedlung auf das griechische Festland oder in ein anderes europäisches Land.

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