Einer geht noch, einer geht noch rein, so singt der Volksmund beim Fußball. Horst Seehofer aber lebt dieses Lied in der Politik, insbesondere wenn er sich an Angela Merkel rächen will. Und das will der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident eigentlich ununterbrochen, seit die Kanzlerin im vergangenen September die Grenze für Flüchtlinge geöffnet hat. Zuletzt erkannte Seehofer unter Berufung auf den früheren Verfassungsrichter Udo Di Fabio in der Grenzöffnung einen Rechtsbruch. Jetzt geht er einen Schritt weiter und beklagt eine "Herrschaft des Unrechts".
Diese Formulierung ist nah, sehr nah am Unrechtsstaat, dem Begriff, der in Deutschland herkömmlich für die Diktatur des Nationalsozialismus und nach einigem Streit inzwischen auch mehr oder weniger im Konsens für die DDR benutzt wird. Auf letzteres dürfte Seehofer abzielen. Er weiß, wie er Merkel treffen kann.
Als die Kanzlerin in der Finanzkrise Banken mit Geld vom Staat rettete, zogen Guido Westerwelle ("DDR-Light") und Oskar Lafontaine ("VEB-Mentalität") Merkels ostdeutsche Vergangenheit als Erklärung heran. Der Ursprung aller Diffamierung von Merkels DDR-Vergangenheit liegt aber da, wo er nun wieder hinzuwandern scheint: Aus der CSU wurde im Januar 2005 für die damalige CDU- und Unions-Fraktionsvorsitzende das Wort von der Ost-Wachtel kolportiert. Allzu weit ist Seehofer davon nicht mehr entfernt.