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Seehofer-Erlass:Erst drei Asylsuchende wegen Einreisesperren abgewiesen

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Die von Bundesinnenminister Horst Seehofer Mitte Juni verfügte Wiedereinreisesperre für abgelehnte Asylsuchende an der deutsch-österreichischen Grenze hat bislang kaum Wirkung gezeigt. Zwischen dem 19. Juni und dem 17. Oktober gab es nur 89 solcher Fälle, wie das Bundesinnenministerium am Dienstag mitteilte. Davon haben sogar nur drei einen Asylantrag gestellt. Alle übrigen 86 wären auch vor dem Erlass schon abgewiesen worden. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke Mediengruppe über die Zahlen berichtet.

Der CSU-Politiker Seehofer hatte in einem Erlass vom 19. Juni verfügt, dass wieder alle Menschen an der deutsch-österreichischen Grenze zurückgewiesen werden, die mit einer Wiedereinreisesperre belegt sind. Bis dahin hatte das nicht gegolten, wenn die Betroffenen einen Asylantrag stellen. Somit wirkte sich Seehofers Erlass bislang nur in drei Fällen aus. Die Bundesregierung war im Vorhinein von 100 Fällen pro Monat ausgegangen.

Der Erlass Seehofers war ein erster Schritt im Bemühen des Ministers, verstärkt Flüchtlingen die Einreise nach Deutschland zu verwehren. Für Streit innerhalb der Bundesregierung sorgte vor allem sein zusätzliches Vorhaben, Flüchtlinge zurückzuweisen, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden. Dafür hat Seehofer mit Griechenland und Spanien Verträge zur Rückführung abgeschlossen. Auf Basis dieser Verträge sind bis Ende September nur zwei Menschen zurückgewiesen worden.

Einreisesperren gelten laut Aufenthaltsgesetz für Ausländer, die "ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben" worden sind. Sie dürfen für eine Weile nicht mehr nach Deutschland einreisen. Die Sperre darf außer für Straftäter oder Gefährder nicht länger als fünf Jahre sein. Wer trotz Verbots erwischt wird, dem drohen bis zu drei Jahre Haft.

Seehofer hatte es im Sommer als "Skandal" bezeichnet, dass Menschen mit Einreisesperre trotzdem einreisen könnten. Die neue Regelung gilt für diejenigen unter ihnen, die einen Asylantrag stellen. Davon betroffen sind nur Ausländer, die an den Grenzübergängen zu Österreich kontrolliert werden. Die übrigen Grenzen sind offen. Das bedeutet, dass ein mit Einreiseverbot belegter Ausländer beispielsweise aus Polen kommend einreisen kann, wenn er neue Asylgründe anführt.

2017 stellten die Behörden gerade einmal 1563 unerlaubt eingereiste Personen fest, für die eine Wiedereinreisesperre ausgeschrieben war, wie das Bundesinnenministerium auf Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion antwortete. In der Zahl sind nicht nur Flüchtlinge enthalten, sondern auch Ausländer, die etwa nach Straftaten ausgewiesen wurden.

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