Rücktritt von CSU-Chef Seehofer:Jetzt ist er doch der Watschenbaum

Germany Merkel Seehofer

Seehofer wartet vor einer Fraktionssitzung in München auf Kanzlerin Merkel (Archivbild). Hat er jetzt mit seinem Rückzug zu lange gewartet?

(Foto: picture alliance/AP Photo)

Der CSU-Vorsitzende hat seinen Abschied zu lange verzögert, weil er Söder verhindern wollte. Der ist jetzt Ministerpräsident, bald auch Parteichef. Und Seehofer? Bekommt die Schuld für die Wahlniederlagen aufgedrückt.

Kommentar von Nico Fried, Berlin

Am Ende wird Horst Seehofer womöglich auch noch behaupten, er habe das alles lange geplant. So wie Angela Merkel, die ihren Rückzug auf Raten bereits im Sommer entschieden haben will. Schon bei der Kanzlerin kann man sich da nicht wirklich sicher sein. Bei Seehofer aber ist es noch sehr viel unwahrscheinlicher. Merkel inszeniert in diesen Wochen einen Abgang vom CDU-Vorsitz und später aus dem Kanzleramt, der nach Selbstbestimmung aussieht. Seehofers politisches Ende wird nicht inszeniert, sondern vollzogen. Er geht nicht ab, er wird weggeschoben.

Der CSU-Chef hätte es besser haben können. Er hatte seinen Abschied schon vor Jahren angekündigt und dann doch immer wieder verzögert. Er wollte um jeden Preis Markus Söder als seinen Nachfolger verhindern. Jetzt ist Söder nicht nur Ministerpräsident, er wird auch noch Parteichef - und den höchsten Preis dafür zahlt Seehofer selbst, weil er ihn nicht bremsen konnte und nun auch noch für sämtliche Niederlagen der CSU im Bund und in Bayern die Schuld aufgedrückt bekommt. Als Seehofer jüngst sagte, er werde nicht wieder als Watschenbaum herhalten, sondern eher sein Amt als Parteichef zur Verfügung stellen, sah er darin offenbar eine Alternative. Jetzt aber zeigt sich: Das Amt ist weg und der Watschenbaum ist Seehofer trotzdem. Den Abgang mit Würde, den die CDU Merkel noch zu gewähren bereit ist, den wird die CSU gegenüber Seehofer nur noch behaupten.

Erleichterung oder Respekt? Seehofer kann nur mit einem rechnen

Weil Seehofer nicht die Stärke zum Verzicht hatte, als der richtige Zeitpunkt gewesen wäre, wurde er immer schwächer. Weil Seehofer sich nicht mehr durchsetzen konnte, musste er versuchen, es allen recht zu machen. Deshalb hat er die Flüchtlingspolitik Merkels bekämpft und trotzdem den Bestand der großen Koalition stets garantiert. Später musste er durch angekündigte und zurückgenommene Rücktritte eine Autorität simulieren, die er längst verloren hatte. Am Ende spielte er nur noch mit seinen Ämtern, ohne zu merken, dass niemand so sehr an ihm hängt, wie er an seinen Ämtern.

Merkels angekündigter Rückzug hat in der CDU Erleichterung und Respekt ausgelöst. Seehofer wird nur noch mit einem von beidem rechnen können.

Zur SZ-Startseite
CSU-Vorstand und Fraktion beraten über Koalitionsvertrag

Der Abend in der CSU-Parteizentrale
:Und so erfüllte sich Söders Wunsch

Am liebsten wäre es dem bayerischen Ministerpräsidenten ja, Seehofer würde sein Amt freiwillig abgeben. Genau das ist an diesem historischen Sonntag passiert. Rekonstruktion eines zähen Abends.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: