Seeblockade gegen Pjöngjang:Zündeln am Pulverfass

Lesezeit: 2 Min.

Die USA bereiten eine internationale Seeblockade gegen Nordkorea vor. Offiziell wird das nicht so genannt. Doch schon im Herbst sind gemeinsame Marinemanöver mehrerer Länder in der Nähe der koreanischen Halbinsel geplant.

Hernik Bork

(SZ vom 25.7. 2003) - Die Manöver sind die erste praktische Umsetzung der so genannten "Proliferations-Sicherheits-Initiative" (PSI), die US-Präsident George W. Bush im Mai vorgeschlagen hat, um den Export von Massenvernichtungswaffen aus den "Schurkenstaaten" Nordkorea, Iran, Syrien und Libyen zu unterbinden.

Als "notwendige Selbstverteidigung" hat der amerikanische Diplomat John Bolton das Vorhaben bezeichnet. Doch der Plan ist sehr umstritten.

Pjöngjang droht mit "totalem Krieg"

Elf Staaten gehören zur PSI-Koalition Washingtons, darunter auch Deutschland.

US-Beamte machen kein Hehl daraus, dass es im Fall Nordkoreas auch um eine wirtschaftliche Isolierung geht. Nicht nur Raketenexporte, sondern auch der Schmuggel von Drogen und Banknoten, an dem die nordkoreanische Regierung verdienen könnte, sollen erschwert werden.

Pjöngjang hat verkündet, es betrachte die geplanten Maßnahmen als "Sanktionen", und warnt vor dem Ausbruch eines "totalen Krieges".

De facto haben mehrere Länder in Asien bereits damit begonnen, den nordkoreanischen Seeverkehr einzuschränken. Im April brachte die australische Marine den nordkoreanischen Frachter Pong Su auf, dessen Besatzung zuvor 50Kilogramm Heroin an einem Strand vergraben haben soll.

Und die einzige Fährverbindung zwischen Nordkorea und Japan, eine der wichtigsten Lebensadern des kommunistischen Landes, ist seit Monaten unterbrochen, weil an Bord angeblich Waffenteile nach Pjöngjang geschmuggelt wurden.

Unkalkulierbare Risiken

Politische Beobachter warnen vor den unkalkulierbaren Risiken der neuen Politik.

Nicht nur dürfte sie Nordkoreas Verhandlungsbereitschaft in Sachen Nuklearprogramm schwächen, sondern sie birgt auch die Gefahr einer militärischen Eskalation.

"Eine solche Strategie könnte genau die Art von Katastrophe provozieren, die man ursprünglich vermeiden wollte", sagt der australische Marineexperte Sam Bateman. Australiens Premier John Howard hat dennoch die Teilnahme seiner Marine an den Seemanövern zugesagt.

Auch rechtlich ist das Vorgehen umstritten.

Bislang haben die USA nicht den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen angerufen, der als einzige Institution das Aufbringen nordkoreanischer Schiffe auf hoher See legitimieren könnte.

Ohne ein UN-Votum wäre dies nach internationalem Seerecht Piraterie. Kritiker befürchten denn auch, mit der PSI wollten die USA weiter den Status der Vereinten Nationen aushöhlen.

"Das internationale Recht hinkt einfach noch hinter den internationalen Gefahren her, denen wir gegenüberstehen", konterte ein US-Beamter.

Der Auslöser für die PSI war ein Vorfall im Dezember vergangenen Jahres, als spanische und amerikanische Matrosen einen Frachter mit 15 nordkoreanischen Scud-Raketen an Bord aufbrachten, die für den Jemen bestimmt waren.

Doch weil Nordkorea mit dem Geschäft gegen keinerlei Recht verstoßen hatte, mussten die USA das Schiff zu ihrer Enttäuschung weiterfahren lassen.

Zweifelhafte Strategie

Ob die neue Strategie wirken kann, ist mehr als fraglich. Zum einen ist die aktive Teilnahme Chinas ungewiss, über dessen Territorium ein Großteil aller nordkoreanischen Frachtlieferungen läuft.

Zum anderen wird die Weisheit einer Politik bezweifelt, die versucht, das Regime in Pjöngjang wirtschaftlich in die Knie zu zwingen. "Man sollte Nordkorea nicht in eine Ecke drängen", warnte der russische Präsident Wladimir Putin. "Das schürt nur weiter die Flammen."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: