Schwule im US-MilitärZäher Kampf gegen ein Tabu

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"Don't ask, don't tell" bleibt die Devise: Der US-Senat verhindert vorerst Obamas Vorhaben, die Diskriminierung Homosexueller im Militär endgültig zu beenden. Da hilft auch Lady Gagas Aktivismus nichts.

Christian Wernicke, Washington

Im Ringen um die Gleichstellung homosexueller Bürger hat die Obama-Regierung in der Nacht zum Mittwoch eine schwere Niederlage erlitten: Im Senat scheiterte ein Gesetzentwurf zur Integration offen schwuler und lesbischer Soldaten in die US-Streitkräfte.

Auch die Pop-Sängerin Lady Gaga machte sich im US-Staat Maine dafür stark, dass Homosexuelle im US-Militär dienen dürfen. Genützt hat es nichts.
Auch die Pop-Sängerin Lady Gaga machte sich im US-Staat Maine dafür stark, dass Homosexuelle im US-Militär dienen dürfen. Genützt hat es nichts. (Foto: Reuters)

Bisher müssen homosexuelle GIs oder Offiziere ihre gleichgeschlechtliche Orientierung verschweigen, andernfalls droht ihnen die sofortige Entlassung. Bei der entscheidenden Abstimmung votierten alle 41 Republikaner sowie zwei konservative Demokraten aus dem Südstaat Arkansas gegen die Reform. Zwar sprachen sich 56 Demokraten für den Gesetzentwurf aus. Nach den Regeln des Senats sind jedoch 60 Stimmen erforderlich, um eine Blockade durch die Parlamentsminderheit ("Filibuster") zu überwinden.

Die oppositionellen Republikaner hatten den Gesetzentwurf seit Wochen hartnäckig bekämpft. Als ihr Sprecher warnte John McCain, der republikanische Präsidentschaftskandidat von 2008, in der Plenardebatte am Dienstag davor, "inmitten zweier Kriege diese Reform zu riskieren". Der Vietnam-Veteran hielt den Demokraten vor, sie wollten ihren Vorstoß durch den Kongress peitschen, um ein Wahlversprechen von Präsident Barack Obama einzulösen. Die traditionell eher linken Homosexuellen-Organisationen hatten offen gedroht, dass andernfalls ihre Mitglieder den Kongresswahlen im November fernbleiben würden.

Erst am Dienstag hatte der designierte Kommandeur des US-Marinecorps, General James Amos, bei einer Anhörung erklärt, die meisten seiner Soldaten lehnten es ab, gemeinsam mit offen homosexuellen Kameraden zu dienen. "Meine vorrangige Sorge ist die potentielle Störung unseres inneren Zusammenhalts", sagte Amos. Republikanische Senatoren konnten zudem darauf verweisen, dass das Verteidigungsministerium derzeit noch die praktische Umsetzung einer Reform in einer umfangreichen Studie prüft. Pentagon-Chef Robert Gates sowie der oberste Generalstab hatten den Kongress deshalb ersucht, keine Entscheidung vor Dezember zu fällen.

"Im Widerspruch zu allem, wofür Amerika steht"

Homosexuellenverbände hatten dem Votum überragende Bedeutung zugesprochen. Sie verweisen auf mehrere Umfragen, wonach eine breite Mehrheit der US-Bevölkerung inzwischen eine Gleichstellung homosexueller Soldaten befürwortet. "Dies ist die wichtigste Abstimmung in der Geschichte der schwulen Bürgerrechtsbewegung", hatte Christopher Neff vom Palm Center in Santa Barbara unmittelbar vor der Niederlage erklärt.

Andere Organisationen beklagten am Mittwoch, das Weiße Haus und die Kongressführung hätten sich zu wenig und nur kurzfristig für die Reform eingesetzt. Insbesondere habe Harry Reid, der Fraktionschef der Demokraten im Senat, mit formalen Tricks den Widerstand selbst moderater Republikaner provoziert. Aus diesem Grund hatten etwa die beiden republikanischen, aber moderaten Senatorinnen aus dem neuenglischen Bundesstaat Maine, Olympia Snowe und Susan Collins, erklärt, sie würden gegen das Gesetz stimmen, obwohl sie die Ziele der Reform eigentlich teilten.

Genau auf die Senatorinnen aus Maine hatte eine spektakuläre Aktion des Popstars Lady Gaga gezielt. Auf Einladung von Schwulenverbänden hatte sie in Portland/Maine die bisherigen Regeln als Verstoß gegen die US-Verfassung attackiert. US-Fernsehsender zeigten am Dienstag wiederholt einen Video-Clip, der die schrille Blondine vor einer riesigen US-Fahne zeigte. "Falsch und ungerecht und im Widerspruch zu allem, wofür Amerika steht" sei es, wie die US-Armee homosexuelle Mitbürger in Uniform benachteilige.

Die umstrittenen Militärregeln hatte 1993 der damalige Präsident Bill Clinton als eine Art Aufweichung des damaligen Homo-Verbots in den Streitkräften verfügt: Gemäß der Formel "Don't ask, don't tell" (DADT, "Frage nichts, sage nichts") war es Vorgesetzten fortan verboten, nach der sexuellen Orientierung ihrer Untergebenen zu fragen. Zugleich wurde den Soldaten aufgetragen, ihre Homosexualität zu verschweigen.

© SZ vom 22.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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