Mecklenburg-Vorpommern:Brüllen wegen Nord Stream

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"Entscheidungen immer eigenständig getroffen": Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, muss sich im Landtag verteidigen. (Foto: Jens Büttner/DPA)

Bei einer Dringlichkeitssitzung zur Klimastiftung erhebt die Opposition schwere Vorwürfe gegen Ministerpräsidentin Schwesig. Immer mehr Ungereimtheiten werden bekannt.

Von Ulrike Nimz, Schwerin

Birgit Hesse (SPD) muss die Glocke läuten, zu groß ist die Unruhe im Schweriner Plenarsaal, zu laut die Zwischenrufe, das Trommeln auf den Tischen. Man befinde sich hier noch immer "in der Herzkammer der Demokratie" erinnert die Landtagspräsidentin und droht mit Abbruch der Dringlichkeitssitzung. Willkommen im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, wo die Opposition aus CDU, FDP und Grünen den Auftrag des Untersuchungsausschusses zur umstrittenen Klimastiftung ausweiten möchte und im Gegenzug von der rot-roten Landesregierung einer "Schmutzkampagne" bezichtigt wird. Die angesetzte Aussprache zum Thema beinhaltet mehrere Runden wechselseitigen Anschreiens.

Hannes Damm, energiepolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, beklagt, die Landesregierung habe dem Ausschuss nicht den kompletten Schriftverkehr zwischen Staatskanzlei und Nord Stream vorgelegt, nur E-Mails, keine Notizen, keine Whatsapp-Nachrichten. Wer hatte die Idee zur Stiftung? Ist deren Satzung mit Unterstützung einer Kanzlei im Dienste von Nord Stream entstanden, wie es Medienberichte nahelegten? Das sind nur zwei Fragen, auf die die Grünen Antwort fordern. Nachdem das Magazin Cicero enthüllt hatte, dass eine Finanzbeamtin verloren geglaubte Steuerunterlagen in einem Kamin verbrannte, bestehe zudem der Verdacht, "dass Teile der Landesregierung Einfluss auf das steuerliche Verfahren genommen haben könnten, um die Information sowohl des Untersuchungsausschusses als auch der Öffentlichkeit zu behindern."

"Das ist die größte, verlogenste Schmutzkampagne"

Julian Barlen, Fraktionsvorsitzender der SPD, wirft der Opposition "Verschwörungstheorien" vor. "Das ist die größte, verlogenste Schmutzkampagne, die unser schönes Bundesland jemals gesehen hat", zürnt er. Er zeigt sich besorgt um das Ansehen Mecklenburg-Vorpommerns. Als seien nicht die russischen Seilschaften im Nordosten das Problem, sondern der Untersuchungsausschuss, der sie offenlegen will. Dokumente, die die Regierung selbst dem Untersuchungsausschuss übergeben habe, würden einzeln und zur Skandalisierung an die Medien durchgestochen, beklagt Barlen, spricht von einer "Trumpisierung der Politik". In seinem Rücken lächelt die Ministerpräsidentin.

Auch Manuela Schwesig (SPD) benutzt in ihrem Redebeitrag das Wort Verschwörungstheorie. Detailliert legt sie dar, wer seinerzeit den Bau der Pipeline unterstützte. Diverse deutsche Firmen seien beteiligt gewesen, die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel natürlich (CDU) und auch der Landtag selbst. "Sie tun so, als hätten wir es für Putin und Russland getan", sagt sie. Dabei habe man stets im Interesse der Menschen und des Landes gehandelt.

Zuletzt sah sich die Regierungschefin mit immer neuen Ungereimtheiten konfrontiert. Auch die Dringlichkeitssitzung wird von neuen Enthüllungen begleitet. Die Ostsee Zeitung veröffentlichte mehrere E-Mails des Nord Stream-Sprechers Steffen Ebert an Manuela Schwesig. Darin versorgt er die Regierungschefin mit Studien, die belegen sollen, dass sich eine neue Pipeline positiv auf die Gaspreise auswirke. Er bezeichnet Sanktionsdrohungen der USA als "koloniale Drohungen in Perfektion". Er macht Vorschläge, wie auf kritische Fragen von Journalisten zu reagieren sei. Vor einem Hintergrundgespräch mit Medienvertretern in der Staatskanzlei bittet er um die Teilnahme eines Nord Stream-Vertreters, "um Statements sowie Fragen und Antworten mitzuschneiden und zu protokollieren".

Der Regierungssprecher nennt die Vorwürfe "absurd"

Regierungssprecher Andreas Timm bezeichnete den Vorwurf, Schwesig habe sich gezielt durch Lobbyisten lenken lassen, als "absurd". "Die Landesregierung hat ihre Entscheidungen immer eigenständig getroffen". Die E-Mails seien zudem auf einem zentralen, öffentlichen Konto eingegangen. "Das bedeutet nicht automatisch, dass die Nachrichten auch von der Ministerpräsidentin persönlich zur Kenntnis genommen wurden."

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"Natürlich hat es Gespräche mit Nord Stream gegeben", sagt Manuela Schwesig vor dem Parlament. Es sei Aufgabe der Landesregierung, mit großen Investoren zu sprechen. "Ich weise es zurück, dass das automatisch Einflussnahme sein soll." Erneut betont sie, von den verbrannten Steuerakten erst aus der Presse erfahren zu haben. Der Vorgang sei ein schwerer Fehler gewesen, aber doch auch aufgeklärt. Trotzdem sei bundesweit der Eindruck erweckt worden, die Regierung habe unerlaubt Einfluss genommen. "Hören Sie auf mit der Krawall-Opposition!", fordert Schwesig. Die Landtagspräsidentin muss erneut die Glocke läuten, so laut ist der Protest von den Bänken.

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Von Georg Ismar, Berlin, und Klaus Ott, München

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