Schwellenländer:Gefesselte Riesen

Korruption und schlechte Bildung bremsen Wachstum.

Von Claus Hulverscheidt

Wenn in China und Brasilien, in Südafrika und der Türkei binnen weniger Wochen ähnliche Dinge geschehen, wenn Volkswirtschaften ins Straucheln, Währungen ins Rutschen und Regierungen in Hektik geraten, dann kann das alles ein großer Zufall sein. Oder auch nicht. Wahrscheinlicher ist, dass viele der wirtschaftlich zuletzt so erfolgreichen Schwellenländer gerade an einem ähnlichen Punkt ihrer Entwicklung ankommen: jenem Punkt, an dem ein vielerorts immer noch unzulänglicher politökonomischer Rahmen die entfesselten Wachstumskräfte am weiteren Ausbruch hindert so wie der letzte Gefängniszaun den Inhaftierten an der Flucht.

Die größten Probleme bestehen zweifellos in China, wo der kommunistischen Führung ihr staatlich orchestrierter kapitalistischer Wirtschaftsaufschwung zunehmend entgleitet. In anderen Ländern hemmen Bürokratie, Korruption, Privilegien, verkrustete Strukturen und schlechte Bildungschancen eine Fortsetzung der wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte.

Die Leidtragenden sind zuvorderst die Menschen in den betroffenen Ländern selbst. Doch auch die Industrieländer werden die Folgen zu spüren bekommen. Sie nämlich haben sich - statt den Handel untereinander zu fördern und den Konsum daheim zu stützen - zuletzt mehr oder wenige allein auf das Wachstum in den Schwellenländern verlassen. Diese einseitige Strategie könnte sich nun rächen.

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