Schweizer Anti-"Abzocker"-Initiative:Deutsche Politiker fordern Regeln gegen Gehaltsexzesse

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Eine deutliche Mehrheit der Schweizer hat gefordert, überzogene Managergehälter künftig zu begrenzen. Die Initiative im Nachbarland entfacht die Debatte in Deutschland. Aus der Politik kommt Zustimmung, Wirtschaftsexperten äußern sich skeptisch.

Nach dem Schweizer Votum gegen überzogene Millionenvergütungen für Spitzenmanager fordern auch deutsche Politiker eine Diskussion über Gehaltsgrenzen. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Gerhard Schick, sagte den Zeitungen der WAZ-Gruppe, die schwarz-gelbe Koalition in Berlin solle dieses Signal ernst nehmen. "Wir brauchen auch in Deutschland stärkere Regeln gegen Gehaltsexzesse."

Die Schweizer hatten am Sonntag einem Volksbegehren gegen überzogene Managervergütungen mit großer Mehrheit zugestimmt. Die Initiative zielt darauf ab, Exzesse bei Bonuszahlungen, Abfindungen und Gehältern für Manager börsennotierter Unternehmen durch die Stärkung der Aktionärsrechte zu unterbinden. Über die Höhe von Managervergütungen sollen die Aktionäre jährlich entscheiden können.

In der Union wurde das Schweizer Votum als richtungsweisend bezeichnet. Vize-Fraktionschef Michael Fuchs (CDU) sagte der Berliner Zeitung: "Es ist besser, wenn die Aktionäre entscheiden, als wenn sich der Staat einmischt." Die Aktionäre seien Miteigentümer ihres Unternehmens und hätten daher kein Interesse, ihm zu schaden. Es handele sich um ein marktwirtschaftliches Modell. Dies könnte man auch so im deutschen Aktienrecht verankern.

Bundesregierung findet das Schweizer Ergebnis "interessant"

Die Bundesregierung will das Ergebnis der Volksabstimmung in der Schweiz über die Gehälter von Managern genau prüfen. Es handele sich um einen "interessanten Vorstoß", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. "Es lohnt sich sicherlich, diesen Schweizer Ansatz genauer unter die Lupe zu nehmen." Seibert verwies zugleich auf die Ankündigung der EU-Kommission, bis zum Jahresende einen ähnlichen Gesetzesvorschlag zu machen, wonach Aktionäre von Unternehmen über die Vergütung der Firmenspitze abstimmen müssen und die Bezahlung der Manager transparenter gemacht werden soll.

"Diese Initiative der EU erscheint uns unterstützungswürdig", sagte Seibert. Die Bundesregierung wolle den Vorschlag nun abwarten. In einer international vernetzten Wirtschaft sei es richtig, diese Vorstöße nicht national alleine zu betreiben, sondern in größeren europäischen Zusammenhängen.

SPD-Fraktionsvize Joachim Poß blieb dagegen skeptisch: "Dass sogar ein Land mit liberaler Wirtschaftstradition so abstimmt, macht deutlich, dass das Klima sich wandelt", sagte er derselben Zeitung. Die SPD sei allerdings weiter dafür, die Vergütung von Vorständen und die steuerliche Absetzbarkeit von deren Gehältern gesetzlich zu begrenzen. "Viele Aktionäre sind renditegetrieben. Das sind Investoren, Hedgefonds, deren Geschäftsmodell von den perversen Boni bestimmt wird", sagte er zur Begründung.

FDP will schnelle Neuregelung zu Managergehältern

Die FDP hat sich unterdessen dafür ausgesprochen, noch in dieser Wahlperiode eine Regelung zur Begrenzung von Managergehältern in Deutschland zu beschließen. Fraktionschef Rainer Brüderle sagte in Berlin, zu dem Thema sei eine sehr begrüßenswerte Diskussion in Gang gekommen, und er hoffe, dass sich daraus Konsequenzen entwickelten.

Die Liberalen träten seit langem dafür ein, die Eigentumsrechte zu stärken und die Eigentümer säßen bei Aktiengesellschaften in den Hauptversammlungen, sagte Brüderle. Auch FDP-Vizechefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger begrüßte den Ansatz, der Hauptversammlung der Aktionäre stärkeres Gewicht zu geben. Eine staatliche Regelung wie von der SPD gefordert, lehnte Brüderle ab.

Der Wirtschaftsexperte Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln begrüßte die öffentliche Debatte. "Aber statt mehr Gesetzen brauchen wir mehr Aufsichtsräte und Vorstände, die selbst Verantwortung übernehmen", sagte Hüther der Bild.

Der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, er halte Eingriffe von außen bei den Managergehältern für falsch. "Aus meiner Sicht müssen sich sowohl der Gesetzgeber wie auch die Öffentlichkeit aus der Lohnfindung in einzelnen privaten Betrieben völlig raushalten", sagte der Ökonom, der selbst Schweizer ist.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters/fran/kjan - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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