Schweiz: Auslieferungsantrag abgelehnt:Polanski ist wieder frei

Der Antrag der USA ist abgewiesen: Die Schweiz wird Starregisseur Roman Polanski nicht ausliefern. Er stehe nicht mehr länger unter Hausarrest, erklärte Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf.

Starregisseur Roman Polanski wird von der Schweiz nicht an die USA ausgeliefert. Das teilte Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf vor der Presse in Bern mit. Polanski stehe nicht länger unter Hausarrest, sagte Widmer-Schlumpf.

Polanski wird nicht ausgeliefert

Roman Polanski darf seine elektronische Fußfessel ablegen: Er wird sich vorerst nicht in den USA für einen Missbrauchsfall von 1977 verantworten müssen.

(Foto: dpa)

Die Begründung des Schweizer Justizministeriums: Ein Mangel im Auslieferungsgesuch der USA könne nicht ausgeschlossen werden. "In Anbetracht der nicht ausgeräumten Zweifel bezüglich der Sachverhaltsdarstellung ist das Ersuchen abzulehnen", hieß es etwas umständlich aus dem Ministerium.

Polanski stand monatelang in der Schweiz unter Hausarrest und wehrte sich gegen seine Auslieferung an die USA. Er hatte sich 1977 schuldig erklärt, mit einer 13-Jährigen im Haus von US-Schauspieler Jack Nicholson Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Polanski hatte sich damals in eine wochenlange psychiatrische Behandlung begeben. Allerdings war er dann vor dem Urteilsspruch aus den USA nach Frankreich geflohen und seitdem nie wieder in die Vereinigten Staaten zurückgekehrt.

Als er am 26. September 2009 zum Zürcher Filmfestival reiste, nahmen ihn die Schweizer Behörden deshalb fest - aufgrund eines US-Haftbefehls von 1978. Eigentlich konnte er sich seit seiner Flucht aus den USA in Europa frei bewegen. Deshalb rechnete er auch nicht mit einer Festnahme in der Schweiz.

Im Gegenteil: Nur wenige Monate zuvor, im Dezember 2008, hatte der Oscar-prämierte Filmemacher beantragt, das Verfahren gegen ihn einzustellen. Seine Anwälte waren der Ansicht, dass Fehler des Richters und der Anklage in den siebziger Jahren einen solchen Schritt gerechtfertigt hätten.

Das sahen die US-Behörden anders. Offenbar hatten sie Druck auf die Schweiz ausgeübt, als Polanskis Reisepläne zum Filmfestival bekannt wurden. Die USA hatten zuvor schon mehrfach versucht, Polanski festnehmen zu lassen, unter anderem mit einem Haftbefehl von Interpol im Jahr 2005.

Ein zweites angebliches Opfer

Nach der Festnahme in der Schweiz machten sich Regisseure, Schauspieler und Politiker für die Freilassung des in Polen geborenen Regisseurs stark, der 2002 für den Film "Der Pianist" mit dem Oscar ausgezeichnet worden war. Der französische Außenminister Bernard Kouchner schrieb gemeinsam mit seinem polnischen Kollegen Radoslaw Sikorski einen Brief an US-Außenministerin Hillary Clinton und bat um Gnade für Polanski. Es gab internationale Proteste.

Selbst Polanskis früheres Opfer, die 1988 eine Zivilklage gegen ihn eingereicht hatte, sprach sich im Januar 2009 für eine Einstellung des Verfahrens gegen den Regisseur aus. Die Frau, die mit ihrer Familie in Hawaii lebt, will den Fall aus der Welt schaffen, um endlich Ruhe zu haben. Sie habe den Vorfall verarbeitet und sei nun nicht mehr ein minderjähriges Opfer, sagte sie.

Doch die USA blieben hart. Und die Schweiz gestand Polanski nur eine Hafterleichterung zu: Am 25. November beschloss die schweizerische Justiz, Polanski gegen eine Kaution von rund drei Millionen Euro aus dem Gefängnis zu lassen. Er blieb aber in seinem Haus im Nobel-Skiort Gstaad durch eine elektronische Fußfessel überwacht, bis endgültig über das Auslieferungsersuchen der USA entschieden war.

Anfang 2010 lehnte das Gericht in Los Angeles einen Antrag des Regisseurs ab, das seit 33 Jahren laufende Verfahren in seiner Abwesenheit abzuschließen. Die US-Gerichte bestehen auf Polanskis Anwesenheit - er sollte ausgeliefert werden.

Erst Anfang Mai sagte der Regisseur zum ersten Mal etwas zu dem Fall: "Ich kann nicht länger schweigen, weil die Vereinigten Staaten weiterhin meine Auslieferung verlangen. Und das mehr, um mich den Medien der ganzen Welt zum Fraß vorzuwerfen, als um ein Urteil zu fällen, über das schon vor dreiunddreißig Jahren eine Übereinkunft erzielt worden ist."

Polanski hofft auf die Einsicht der Schweizer Behörden: "Ich hoffe, die Schweiz wird einsehen, dass es keinen Grund für eine Auslieferung gibt, so dass ich in Frieden und als freier Mann in mein Land und zu meiner Familie zurückkehren kann." Seine Hoffnung wird erhört, er wird nun in Europa bleiben dürfen und muss sich vorerst nicht in den USA verantworten.

Allerdings muss er inzwischen noch gegen eine weitere Anschuldigung kämpfen: Die heute 42 Jahre alte britische Schauspielerin Charlotte Lewis sagte im Frühjahr, dass auch sie im Jahr 1982 als Teenager von Polanski missbraucht worden sei. "Er wusste, dass ich 16 Jahre alt war, als er sich in seinem Pariser Apartment mir aufzwang", gab Lewis bekannt. Polanski wies die Anschuldigungen empört zurück.

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