Schweiz:Nein zum Grundeinkommen - Jetzt wieder an die Arbeit

Bedingungsloses Grundeinkommen, Schweiz

Kein Geldregen für alle: Die Schweizer haben dem bedingungslosen Grundeinkommen eine klare Absage erteilt.

(Foto: Denis Balibouse/Reuters)

Die Schweizer haben den Befürwortern eines bedingungslosen Grundeinkommens eine krachende Niederlage beschert. Das ist gut so - denn das Thema ist spannend, aber weltfremd.

Kommentar von Marc Beise

Eine klare Sache war das: Nicht mal einen Achtungserfolg haben die ach so selbstbewussten Verfechter eines bedingungslosen Grundeinkommens bei der Volksabstimmung in der Schweiz erzielt. Rund 20 Prozent "Ja", und das auch nur bei denen, die überhaupt mitgemacht haben, da kann man nicht ernsthaft behaupten, die Zeit sei reif für eine Abkehr vom bisherigen System.

Die Höhe der Steuersätze und die Art der Besteuerung differiert weltweit, aber das Prinzip ist fast überall gleich: Bürger müssen einen Teil ihres Einkommens in den gemeinsamen Topf geben, aus dem die Staatsaufgaben bezahlt werden. Wer viel hat, zahlt mehr, und wer zu wenig hat, zahlt gar nicht. Am Anfang also steht die Arbeit, und nur wer nicht kann (oder will), dem hilft das Gemeinwesen.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde, wie der Name sagt, genau anders herum funktionieren: Erst gibt es Geld, und dann arbeiten die Menschen freiwillig und womöglich sinnvoller als sonst.

Die krachende Niederlage der Befürworter klärt die Verhältnisse

Ob das funktioniert und welcher Weg überhaupt der bessere ist, ist eine theoretisch interessante Debatte, die von klugen Menschen seit Langem geführt wird und noch längst nicht am Ende ist. Genau diesen Eindruck aber haben die Befürworter der Schweizer Initiative erweckt nach dem Motto: Jeder vernünftige Mensch muss heute für ein bedingungsloses Grundeinkommen sein.

Muss er aber nicht, denn viele gute Gründe sprechen weiterhin für die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit - von gewachsenen Strukturen über die Mentalität der Menschen bis hin zur Finanzierbarkeit; selbst in der kleinen Schweiz wären mehr als 200 Milliarden Euro im Jahr notwendig gewesen, die nur zum Teil durch die wegfallenden Ausgaben für Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und Renten hätten ausgeglichen werden können.

Eines der Hauptargumente für ein bedingungsloses Grundeinkommen ist zudem, dass mit der digitalen Revolution die Arbeit ausgeht und immer mehr Menschen auf Hilfe angewiesen sind, dass also tendenziell die Bedürftigkeit nicht mehr die Ausnahme bleibt, sondern zur Regel wird. Aber schon diese Annahme ist hoch fragwürdig. Niemand weiß, wohin uns die wirtschaftliche und die technische Entwicklung genau führt und ob es nicht am Ende genauso viele, wenn auch teilweise andere Jobs gibt als heute.

Das Steuerrecht muss gerechter, transparenter und effektiver werden

Vor diesem Hintergrund sollten wir andere Sorgen haben als Tabula rasa bei der Staatsfinanzierung. Die deutschen Politiker, die gewählt sind, den Staat von heute und morgen zu organisieren, sollten sich auf die sehr dringende und seit Jahren verschleppte Aufgabe konzentrieren, das geltende Steuerrecht gerechter, transparenter und effektiver zu machen. Dringend muss es eine große Steuerreform geben, die die Gewichte neu verteilt und die Mittelschicht entlastet.

Das bedingungslose Grundeinkommen wird nach der Schweizer Abstimmung jetzt hoffentlich wieder dort landen, wohin es bis auf Weiteres auch gehört: in die Denkerstuben der Republik.

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