"Aufmerksamkeit kann man kaufen. Unsere Stimmen nicht." Am Mittwoch, einem der letzten Tage, an dem die Schweizer, die mehrheitlich per Briefwahl abstimmen, zur Post gehen konnten, prangte dieser Satz auf der auflagenstarken Gratiszeitung 20 Minuten. Die Aktion war getragen von mehr als 12 200 Bürgern, die mit ihrer Spende gegen den ihrer Meinung nach inhaltsleeren, intransparenten Wahlkampf der vergangenen Wochen protestieren wollten.
Wenn am Sonntag die Ergebnisse der Parlamentswahl feststehen, wird man sich vor allem an eines erinnern: Die Omnipräsenz der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP), die den Wahlkampf in diesem Jahr vor allem mit Musikvideos bestritten hatte. Und das Schweigen der anderen Parteien, die zwar beim von der SVP beschworenen "Asylchaos" teilweise dagegenhielten, inhaltliche Debatten - etwa über die Zukunft der europäischen Beziehungen - aber weitgehend vermieden haben.
Die politische Landschaft könnte sich polarisieren
Aktuelle Umfragen sagen einen Rechtsrutsch voraus: Die SVP könnte fast 30 Prozent der Wähler gewinnen, wäre damit wieder stärkste Partei. Die Sozialdemokraten können mit 20 Prozent rechnen, der wirtschaftsliberalen FDP werden etwa 17 Prozent prognostiziert. Die Parteien in der Mitte, Christdemokraten, Grünliberale und Bürgerliche, könnten die Verlierer der Wahlen sein - eine Polarisierung der konsensorientierten politischen Landschaft.
Auch die Zusammensetzung der Regierung, in der alle großen Parteien Minister stellen, könnte sich ändern: Die SVP ist mit einem von sieben Bundesräten klar untervertreten.
Finanziell ist die rechtspopulistische Partei allerdings eher überrepräsentiert: Mehr als sieben Millionen Franken gab sie zwischen April und September für Wahlwerbung aus - alle anderen Parteien kamen 2015 zusammen auf elf Millionen.
Mitte September hatte die Partei von Milliardär Christoph Blocher die Titelseite der 20 Minuten gekauft, um dort für ihren Song "Welcome to SVP" zu werben. Der Techno-Remix stieg daraufhin auf Platz 6 der Schweizer Charts ein.
Die per Crowdfunding finanzierte Protestaktion der vergangenen Woche druckte die Namen der Spender auf die Titelseite der Gratiszeitung- als Statement für transparente Wahlkampf-Finanzierung.