Schweiz:Luxus-Armee

Helikopter-Flüge für die Offiziersgattinen, Goldmünzen und teure Trinkgelage: Die Spesenabrechnungen von hohen schweizer Militärangehörigen sind bemerkenswert - und laut einem Untersuchungsbericht völlig regelkonform.

Von Charlotte Theile

Die Schweizer Armee ist eine komplizierte Institution. Einerseits gibt es im Land niemanden, der sich an kriegerische Handlungen auch nur vom Hörensagen erinnern kann. Der Frieden, der seit so vielen Generationen herrscht, gehört zur schweizerischen DNA wie der Wohlstand, die Neutralität und die Volksabstimmungen. Dass Schweizer Soldaten zur Waffe greifen müssen, will sich keiner vorstellen. Andererseits: Die entsprechenden Waffen wären durchaus vorhanden. Schweizer Männer unterliegen bis heute der Wehrpflicht - und wer gedient hat, besitzt im Normalfall ein Gewehr, das meist daheim im Schrank lagert.

Einige glauben, es sei diese "bewaffnete Neutralität", die dem Land seit mehr als hundert Jahren den Frieden gesichert hat. Andere finden: Die Armee sei vor allem teuer und könne ohne Weiteres abgeschafft werden. Dazwischen fristet das schweizerische Militär ein seltsames Dasein. Während es für die Bevölkerung unter dem Radar läuft, sehen sich die Soldaten als tragende Säule des Staates. Aus diesem Zwischendasein entstehen wunderliche Schlagzeilen. Dabei geht es etwa um zu teure Kampfflieger - und, immer wieder, undurchsichtige finanzielle Vorgänge. In dieser Woche veröffentlichte der Tages-Anzeiger einen Einblick in die Spesenabrechnungen der obersten Militärangehörigen. Das, was dabei zum Vorschein kommt, ist bemerkenswert: So ließ der schweizerische Armeechef Philippe Rebord an einem heißen Tag im Juni 2017 die Partnerinnen von 18 höheren Stabsoffizieren mit dem Helikopter zu einem Event einfliegen. Wie kostspielig die Aktion war, lässt sich nur bedingt nachvollziehen; intern kostet bereits eine Stunde mit dem Helikopter Super Puma umgerechnet knapp 10 000 Euro. Ob die Partnerinnen auch im Helikopter nach Hause gebracht wurden, wollte das Ministerium ebenso wenig beantworten wie die Frage, welche Hubschrauber eingesetzt wurden. Andere Spesen hat der Tages-Anzeiger detailliert aufgelistet: So kostete die Helvetia-Goldmünze aus dem 19. Jahrhundert, die ein Korpskommandant an vier Mitarbeiter verschenkte, gut 1000 Euro pro Stück. Auch die 1500 Euro für "82 Einheiten Spirituosen, 10 Flaschen Weißwein, 12 Flaschen Rotwein" für 28 höhere Militärangehörige, die während einer der legendären "Alpenbitter-Orgien" im Juni 2014 angefallen sind, verrechnete die Armee auf Kosten der Steuerzahler.

Für Verteidigungsminister Guy Parmelin sind diese Enthüllungen mehr als unangenehm. Zum einen betreffen die Vorgänge Militärangehörige, die er erst kürzlich befördert hatte. Zum anderen kommt ein Untersuchungsbericht zu dem Ergebnis, dass ein Großteil der Spesenexzesse "aus damaliger Sicht regelkonform" gewesen sei. Das heißt nicht etwa, dass "Alpenbitter-Orgien" fester Bestandteil des militärischen Regelwerks waren. Die Wahrheit ist viel simpler: Das Schweizer Militär kennt erst seit dem 1. September 2018 ein Spesenreglement. Darin werden die Kosten für Feierlichkeiten auf 100 Euro pro Person gedeckelt. Im Klartext: Schweizer Soldaten müssen ihre Kräuterschnäpse in Zukunft privat bezahlen.

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