Süddeutsche Zeitung

Schweiz:Entspannt im Risiko

Die Regierung in Bern gibt sich trotz hoher Infektionszahlen gelassen.

Von Isabel Pfaff

Kein Grund zur Panik, die Schweiz ist gut organisiert. Der jüngste Auftritt von Innen- und Gesundheitsminister Alain Berset am Montag machte klar, dass sich am betont entspannten Krisentonfall der Eidgenossen im Vergleich zur ersten Corona-Welle wenig geändert hat. Seit dem 1. Oktober dürfen sogar wieder Veranstaltungen mit bis zu 1000 Personen stattfinden. Dabei explodieren die Fallzahlen in der Schweiz gerade. In der vergangenen Woche haben die täglichen Neuinfektionen erstmals die Maximalwerte vom Frühjahr überschritten, am Dienstag waren es 1445 neue Fälle innerhalb von 24 Stunden. Inzwischen hat die 14-Tage-Inzidenz den eigenen Grenzwert für Risikogebiete im Ausland (60 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner) weit überschritten. Landesweit liegt er bei etwa 150, in einzelnen Kantonen wie Genf oder Schwyz bei rund 300. Immerhin erkranken deutlich weniger Infizierte als noch im Frühjahr so schwer, dass sie ins Krankenhaus müssen, auch die Zahl der Todesfälle ist niedrig.

Die Schweizer Regierung bleibt deshalb bei ihrer Einschätzung. Noch herrsche keine außerordentliche Lage wie im Frühling, und so entscheiden (mit wenigen Ausnahmen) die Kantone und nicht der Bund über die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus. So kommt es, dass ähnlich wie in Deutschland ein Flickenteppich an Regelungen vorherrscht, die Bürger aber überschreiten die Grenzen der kleinen Kantone im Alltag häufig. Verlassen kann man sich einzig auf die bundesweite Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr und bei Kundgebungen.

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Quelle:
SZ vom 14.10.2020
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