Schweiz: CD über Steuerhinterzieher:"Die Entscheidung ist gefallen"

Finanzminister Schäuble folgt der Kanzlerin und spricht sich ebenfalls für den Kauf der brisanten Daten aus - wie die Mehrheit der Deutschen. In der Schweiz wächst indes die Nervosität.

Finanzminister Wolfgang Schäuble hat den Ankauf der umstrittenen gestohlenen Steuerdaten aus der Schweiz freigegeben. "Im Prinzip ist die Entscheidung gefallen", sagte der CDU-Politiker der Augsburger Allgemeinen. Damit folgt Schäuble Kanzlerin Merkel, die bereits am Vortag den Kauf der Daten in Aussicht stellte.

Finanzminister Wolfgang Schäuble, AFP

Finanzminister Wolfgang Schäuble will die brisante Steuer-CD kaufen.

(Foto: Foto: AFP)

Der Fall sei rechtlich ähnlich gelagert wie die Affäre um Liechtensteiner Stiftungskonten vor zwei Jahren, bekräftigte er seine Position vom Vortag. "Wir konnten deshalb gar nicht anders entscheiden."

Er verwies dem Bericht zufolge darauf, dass bislang kein Gericht in Zusammenhang mit den Liechtensteiner Konten ein Beweismittelverwertungsverbot ausgesprochen habe und dem Ankauf aus Sicht des Bundesfinanzministeriums damit rechtlich nichts entgegenstehe.

Bei Schweizer Großbanken wächst in der Steueraffäre die Nervosität. Dort fragen viele Kunden nach, ob ihre Geldanlagen steuerlich sauber sind.

Nach einer Umfrage ist die Mehrheit der Deutschen für einen Kauf der Steuerhinterzieher-CD. 57 Prozent der Bürger sprechen sich dafür aus, dass der Fiskus zugreift, berichtet das Magazin Stern. 43 Prozent lehnen den Handel ab. In den Parteien wird weiter heftig gestritten, ob der Staat gestohlene Daten kaufen darf, um Steuerbetrüger zu überführen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Schäuble hatten sich dafür ausgesprochen.

Bei den Steuerbehörden in Nordrhein-Westfalen läuft die Prüfung der Daten auf Hochtouren. Nach Abschluss wird Landesfinanzminister Helmut Linssen (CDU) sich mit Schäuble beraten, ob die Datensätze von bis zu 1500 deutschen Kontoinhabern in der Schweiz angekauft werden. Der unbekannte Informant fordert dafür 2,5 Millionen Euro.

Ein Ex-Mitarbeiter der britischen Großbank HSBC, der 2009 französischen Behörden Tausende Daten aus der Schweiz zuspielte, wies Medienberichte zurück, er wolle jetzt mit den Deutschen ins Geschäft kommen. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung soll dagegen die Spur zur Credit Suisse führen. Die Bank erklärte, sie habe keine Hinweise auf einen Datendiebstahl.

Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Frankfurter Bankenkreisen erfuhr, gehen bei den deutschen Niederlassungen von Schweizer Großbanken seit dem Wochenende viele Anrufe beunruhigter Privatkunden ein. Sie wollten sich absichern, dass ihre Geschäfte in der Schweiz steuerlich einwandfrei seien.

Der deutsche Fiskus gibt bisher keine Auskunft, ob die Zahl der Selbstanzeigen seit Bekanntwerden der Affäre gestiegen ist. Das Finanzministerium hatte allen Bürgern mit schlechtem Gewissen diesen Schritt empfohlen, um straffrei bleiben zu können. Die Behörden spekulieren, dass der Kauf der Steuer-CD aus der Schweiz etwa 100 Millionen Euro in die Staatskasse spülen könnte.

Angst vor dem Super-GAU

Die Schweizer Regierung hat angekündigt, den deutschen Behörden im konkreten Fall keine Amtshilfe zu leisten. Das Finanzministerium in Berlin betont, die Gespräche mit der Schweiz liefen im Rahmen des Doppelbesteuerungsabkommens weiter. Sollte es erforderlich sein, sei auch ein weiteres Gespräch zwischen Schäuble und seinem Schweizer Amtskollegen Hans-Rudolf Merz nicht ausgeschlossen.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles unterstützte die Pläne der Regierung, mit den Daten Steuerhinterzieher zu überführen. Auf eine gründliche rechtliche Prüfung pochte Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). Es dürfe nicht der "Super-GAU" passieren, "dass die Daten gekauft werden und am Schluss durch Verfahrensfehler gar nichts erreicht wird", sagte sie in der ARD.

Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, rief in N24 die betroffenen Steuerhinterzieher auf, sich selbst beim Finanzamt anzuzeigen.

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