Die Schweizer Regierung hat ein neues Mitglied. Überraschend konnte sich der Regierungsrat Martin Pfister, 61, aus dem Kanton Zug gegen Markus Ritter, 57, den Präsidenten des mächtigen Bauernverbands, durchsetzen. Beide sind Mitglieder der konservativen Mitte-Partei. Pfister wird auf Viola Amherd nachfolgen und vermutlich das von vielen Problemen geplagte Verteidigungsdepartement übernehmen.
Bereits im ersten Wahldurchgang beider Kammern, dem Ständerat und dem Nationalrat, verpasste Pfister um nur eine Stimme die absolute Mehrheit. Im zweiten Durchgang gewann er dann deutlich. Diesen Erfolg hatte noch vor wenigen Wochen kaum jemand erwartet – weil auch in der Schweiz bis vor ein paar Wochen kaum jemand Martin Pfister kannte.
Bald sitzen nur noch zwei Frauen im Bundesrat
Nachdem Bundesrätin Viola Amherd im Januar ihren Rücktritt für Ende März angekündigt hatte, ging die Kandidatensuche für ihren Posten nur schleppend voran. Viele der möglichen Nachfolger sagten ab. Womöglich spielte die Aussicht, das Verteidigungsdepartement und damit eine ganze Reihe von Problemen übernehmen zu müssen, dabei eine Rolle.
Dass sich am Ende nur zwei ältere Männer als Kandidaten fanden und somit von April an nur noch zwei Frauen im Bundesrat sitzen werden, hatte für Kritik gesorgt. Zumal bei der Zusammensetzung der Schweizer Regierung ansonsten streng darauf geachtet wird, dass Sprachen und Regionen gleichmäßig vertreten sind. Für Pfister könnte genau dieser Schwerpunkt auf die Herkunftsregionen der Kandidaten ein Vorteil gewesen sein.
Bauern sind in der Schweizer Regierung völlig überrepräsentiert
Sein Gegenkandidat Markus Ritter, seit den frühen Neunzigern Stadtrat in Altstätten, seit 2011 dann Abgeordneter im Nationalrat und dazu Präsident des einflussreichen Bauernverbandes, galt eigentlich als politische Instanz auf dem Karriereweg Richtung Bundesrat. Sein Kanton St. Gallen wird dort jedoch schon von Karin Keller-Sutter (FDP) vertreten. Dazu sind Bauern und verwandte Berufe in der Schweizer Regierung bereits völlig überrepräsentiert. Womöglich ist Ritter damit auch am Lobbyismus des eigenen Berufsstands gescheitert.
Außerdem fehlt Ritter die militärische Erfahrung, die für die Führung eines Verteidigungsdepartements ja von Vorteil sein kann. Der Historiker und Germanist Pfister hat dagegen den Rang eines Obersts, er sagte, er fühle sich in der Kaserne eigentlich wohler als im Bundeshaus. Zuletzt habe sich das aber geändert, wie er am Tag der Wahl noch schnell nachschob.
Bei vielen Themen hat sich Pfister bisher nicht klar festgelegt
Der frisch gewählte Bundesrat steht in den kommenden Jahren sowohl im Parlament als auch auf dem Kasernenhof vor großen Herausforderungen. Seine Vorgängerin Viola Amherd betonte in ihrer Abschiedsrede vor der Wahl noch einmal, dass die Sicherheit der Schweiz eng mit der Europas verbunden sei. „Es geht heute um die grundlegende Frage, wie wir unsere Demokratie, unseren Rechtsstaat und unsere Bevölkerung schützen können.“
Diese Ansichten teilen in Bern aber nicht alle. So teilte Ritter vor der Wahl mit, die Schweiz solle besser „unter dem Radar bleiben“. Pfister wird also nicht nur die heruntergewirtschaftete Armee neu aufbauen und einen neuen Armeechef ernennen müssen. Zu seinen Aufgaben gehört zudem, grundsätzlich zu klären, wie und ob sich die Schweiz in eine neue europäische Sicherheitsarchitektur einfügen möchte.
Bei vielen Themen wollte sich Pfister im Vorfeld nicht klar festlegen. Zum Klimaschutz sagt er nur, eine Energiewende sei nötig und er „sehe die Bedeutung der erneuerbaren Energien“. Zu den Verträgen mit der EU, die in den kommenden Jahren geschlossen werden müssen, äußerte er sich verhalten positiv. Man benötige „stabile Verhältnisse“ mit der EU. Aber was auch sonst? Vielleicht die größte Herausforderung für die Schweizer Regierung wird es in den nächsten Jahren sein, bei den wichtigen Themen Europa und Sicherheit eine klare Haltung zu finden.