Parlamentswahl in Schweden:Überflieger von rechts außen

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"Wir heben ab wie ein Flugzeug", jubelte SD-Führer Jimmie Åkesson im Wahlkampf. (Foto: Mats Andersson/dpa)

Die Wahlen am Sonntag stehen im Schatten der stärker werdenden rechtspopulistischen Schwedendemokraten. Die Linke warnt vor einer "Gefahr für die Demokratie", die Bürgerlichen sind einen Pakt mit den SD eingegangen.

Von Kai Strittmatter, Stockholm

Schweden wählt am Sonntag, und im Moment ist völlig unklar, ob das Land am Montag mit einer linken oder einer rechten Mehrheit aufwachen wird. In den Umfragen halten sich bislang beide Lager die Waage: auf der einen Seite die regierenden Sozialdemokraten und ihre Unterstützer, auf der anderen Seite die Bürgerlich-Liberale Allianz, die diesmal mit Hilfe der rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD) die Linke aus dem Amt vertreiben will.

Auch deshalb ist es eine für Schweden historische Wahl: Jahrelang hatten die Parteien von links bis rechts jeden Kontakt abgelehnt mit den Schwedendemokraten, deren Gründerfiguren zu einem großen Teil aus der Alt- und Neonaziszene stammten. Unter ihrem 2005 angetretenen Parteichef Jimmie Åkesson versucht die SD seither, sich einen seriöseren Anstrich zu geben. Nachdem Oppositionsführer Ulf Kristersson von den bürgerlichen Moderaten ihnen diesmal die Zusammenarbeit antrug, ist dies die erste Wahl, in der den Schwedendemokraten die Teilhabe an der Macht winkt.

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Vor allem von links-grüner Seite, aber auch von Teilen der Liberalen wird die Wahl deshalb auch zu einer Schicksalswahl stilisiert. In einem gemeinsamen Debattenbeitrag beschrieben der im letzten Jahr zurückgetretene sozialdemokratische Ministerpräsident Stefan Löfven und der ehemalige Parteivorsitzende der Liberalen, Bengt Westerberg, die Rechtspopulisten als "Gefahr für die Demokratie".

Die linke Regierung kommt ausgelaugt daher

Für die Gegner der Sozialdemokraten arbeitet die Tatsache, dass die linke Regierung zumindest bis Ende letzten Jahres unter dem Ministerpräsidenten Stefan Löfven müde und ausgelaugt daherkam. Vor allem bei der Verbrechensbekämpfung werfen ihr die Bürgerlichen große Fehler vor: Die Bandenkriminalität in Schwedens Vorstädten - Heimat großer Immigrantengruppen - ist explodiert. Beim Anstieg der Zahl von Schusswaffentoten ist Schweden mittlerweile europäische Spitze.

Versäumnisse bei der Integrationspolitik und die fast täglichen Schlagzeilen von Schießereien und Sprengstoffanschlägen von Gang-Mitgliedern waren ein wichtiger Grund für das schnelle Wachstum der Schwedendemokraten in den letzten Jahren, bei denen das Wettern gegen verbrecherische Immigranten Markenkern ist. "Wir heben ab wie ein Flugzeug", rief SD-Führer Jimmie Åkesson im Wahlkampf seinen Anhängern zu.

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Die wachsende Stärke der Rechtspopulisten, die bei den letzten Wahlen schon auf 17,5 Prozent gekommen waren, ist einer der Gründe, warum die Regierungsbildung in Schweden zunehmend schwierig wurde und die Instabilität wuchs: Eigentlich wählt schon seit Jahren eine Mehrheit der Schweden eher rechts als links. Weil aber auch unter den klassischen Rechten die Zusammenarbeit mit den SD bislang als tabu galt, gelang es dennoch immer wieder den Sozialdemokraten, die Regierung zu bilden.

Sie schaffte das allerdings auch nach den Wahlen 2018 nicht aus eigener Kraft, sondern musste dazu ehemalige Alliierte des bürgerlich-liberalen Lagers davon überzeugen, zu ihnen überzuwechseln. Die wirtschaftsliberale Zentrumspartei etwa steht auch diesmal als Unterstützerpartei auf der Seite der amtierenden Ministerpräsidentin Magdalena Andersson, um den Schwedendemokraten jeden Einfluss auf die Regierungspolitik zu verwehren.

Die künftige Regierung wird möglicherweise noch schwächer als die jetzige

Ein Ergebnis dieser Allianz sind allerdings große Zugeständnisse an die Wirtschaftsliberalen - die Sozialdemokraten machen seit Jahren schon kaum noch klassisch linke Politik. Steuersenkungen, Liberalisierung des Kündigungsschutzes, Freigabe von Mieten: All die Dinge, vor denen die Sozialdemokraten immer als Teufelszeug warnten, setzten sie in den letzten Jahren selbst um. Das wiederum enttäuscht viele alte Sozialdemokraten und ist laut Wahlforschern neben der Immigrationspolitik einer der Gründe, warum die Sozialdemokraten viele Wähler in der Arbeiterschaft an die Rechtspopulisten verlieren.

Der neuen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson gelang es, nach ihrem Amtsantritt im November 2021, ein wenig frischen Wind in ihre Partei zu bringen. Auch schaffte sie es nach dem russischen Überfall auf die Ukraine mit bemerkenswertem Tempo, ihre traditionell Nato-skeptische Partei für einen Nato-Beitritt zu gewinnen. Ihre persönlichen Beliebtheitswerte sind weit höher als die ihres Herausforderers Ulf Kristersson, auch liegen die Sozialdemokraten als weiterhin stärkste Partei mit knapp 30 Prozent über ihrem Ergebnis von 2018. Und doch bleibt die Frage, ob das reichen wird.

Oppositionsführer Ulf Kristersson hat derweil ein eigenes Problem: Zwar könnte es am Sonntag reichen für seine Allianz aus Bürgerlichen und Liberalen, die sich von den Schwedendemokraten wählen und tolerieren lassen möchte. Wenn die Umfragen recht behalten, wird die Freude darüber allerdings getrübt sein: Überraschend haben die Schwedendemokraten seine Moderaten in Umfragen erstmals überholt. Ulf Kristerssons Moderate wären dann nicht einmal im eigenen Lager die stärkste Kraft - und seine Regierung möglicherweise schwächer noch als die jetzige.

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