Nato-Beitritt:Koran-Verbrennung in Stockholm - Türkei protestiert scharf

Nato-Beitritt: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan.

(Foto: Reuters)

Schon davor hatte die Regierung in Ankara den Besuch eines schwedischen Ministers abgesagt und das mit der Genehmigung der anti-türkischen Demonstration begründet. Präsident Erdoğan nutzt Schwedens Nato-Beitrittsgesuch, um Druck auszuüben.

Bei einer anti-türkischen Demonstration in der schwedischen Hauptstadt Stockholm hat ein Teilnehmer eine Ausgabe des Korans verbrannt und damit die angespannten Beziehungen zwischen beiden Ländern verschärft. Der Chef der rechtsextremen dänischen Partei Harte Linie, Rasmus Paludan, der auch die schwedische Staatsbürgerschaft besitzt, zündete den Koran am Samstag in der Nähe der türkischen Botschaft an.

Das Außenministerium in Ankara erklärte umgehend, man verurteile den "abscheulichen Angriff auf unser heiliges Buch" auf das Schärfste. Schweden müsse gegen den Täter vorgehen und die internationale Gemeinschaft müsse sich gegen Islam-Feindlichkeit stellen. Mehrere arabische Länder, darunter Saudi-Arabien, Jordanien und Kuwait, verurteilten die Koranverbrennung ebenfalls.

Der schwedische Außenminister Tobias Billstrom sprach von "entsetzlichen" islamfeindlichen Provokationen. Schweden habe zwar eine weitreichende Meinungsfreiheit. "Aber das bedeutet nicht, dass die schwedische Regierung oder ich selbst die geäußerten Meinungen unterstützen", schrieb er auf Twitter.

Die Türkei hatte zuvor einen für Ende Januar geplanten Besuch des schwedischen Verteidigungsministers Pål Jonson abgesagt und das mit der Genehmigung der Kundgebung Paludans begründet. Jonson wollte in Ankara über Schwedens Antrag zur Aufnahme in die Nato sprechen, den das Land nach Russlands Invasion der Ukraine gestellt hatte. Die Türkei, die Mitglied in dem Bündnis ist, blockiert einen Beitritt seit Monaten und stellt zahlreiche Bedingungen für eine Zustimmung.

Für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ist das Beitrittsgesuch Schwedens eine willkommene Gelegenheit, um in anderen Fragen Druck auf Stockholm auszuüben und innenpolitisch zu punkten. Im Juni stehen in der Türkei Wahlen an, und es ist nicht sicher, ob Erdoğan sie siegreich übersteht. Unter anderem wirft die Türkei Schweden die Unterstützung von "Terrororganisationen" vor und fordert die Auslieferung etlicher Personen, die Ankara als Terroristen betrachtet.

Die aktuelle Demonstration vor der Botschaft ist nicht die einzige Provokation, die die türkische Regierung beklagt. Vor Kurzem hatten Aktivisten bei einer Protestaktion im Zentrum Stockholms eine Puppe, die Erdogan ähnelte, an den Füßen aufgehängt. Die Türkei hatte daraufhin einen Besuch des schwedischen Parlamentspräsidenten Andreas Norlén in Ankara abgesagt.

Schwedens Verteidigungsminister Jonson spielt nun die Absage seines Besuches herunter: "Gestern habe ich mich mit meinem türkischen Kollegin Hulusi Akar auf dem US-Militärflugplatz in Ramstein getroffen", twitterte er am Samstag. "Wir haben beschlossen, das geplante Treffen in Ankara auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben."

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