Schweden:Premier ohne Mehrheit

Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven

Für eine Wiederwahl bekommt Stefan Löfven nicht die nötigen Stimmen zusammen.

(Foto: REUTERS)
  • Schwedens Premier Stefan Löfven ist nur kommissarisch im Amt. Mehrere Monate nach den Wahlen hat Schweden noch immer keine neue Regierung.
  • Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten blockieren als drittstärkste Kraft jede Regierungsbildung.
  • Am Freitag versucht Löfven erneut, sich vom Parlament wählen zu lassen - wahrscheinlich vergeblich.

Von Kai Strittmatter, Kopenhagen

Am Freitag wird Stefan Löfven seine zweite große Niederlage dieser Woche einstecken. Auch dem Sozialdemokraten Löfven gelang es in den vergangenen Tagen nicht, den Knoten zu zerschlagen, mit dem die schwedische Politik sich selbst gefesselt hat. Am Freitag wird Löfven also vor das Parlament treten als Kandidat für den Posten des schwedischen Premierministers, jenen Posten, den er vier Jahre lang innehatte und den er im Moment nur noch kommissarisch ausübt. Schweden hat keine Regierung mehr seit den Wahlen im September - und weil Löfven sich diese Woche nach intensiven Verhandlungen doch einen Korb holte von zwei kleinen Parteien des bürgerlichen Lagers, wird das Land auch nach der Abstimmung am Freitag keine Regierung haben.

Er sei ein Mann für schwierige Situationen, sagte Löfven einmal, er habe es im eigenen Leben auch nicht leicht gehabt. Löfven wurde in Armut geboren, 1957 in Stockholm als Kind einer alleinerziehenden Mutter. Mit zehn Monaten gab sie ihn zur Adoption frei, er wuchs auf in einer Arbeiterfamilie 500 Kilometer nördlich der Hauptstadt. Ungerechtigkeit, sagt er, habe er schon als Kind nicht ertragen. Mit 13 trat er in die Jugendorganisation der Sozialdemokraten ein, man protestierte gegen den Vietnamkrieg, gegen die Apartheid in Südafrika.

Eine Laufbahn als Sozialarbeiter gab er schnell auf, lernte lieber Schweißer. "Das machte Spaß, da siehst du die Resultate wenigstens", sagte er einmal. In Interviews schwärmt er von Fußball, Eishockey und Bruce Springsteen. Bis heute schätzen die Schweden in Umfragen das Geerdete an ihm und verzeihen ihm seine manchmal eher hölzernen Auftritte.

Der erste Gewerkschaftsboss an der Spitze der Sozialdemokraten

Löfven arbeitete zuerst in einem Betrieb, der Rüstungsgüter herstellte, dann machte er Karriere in der Metaller-Gewerkschaft. 2012 war er der erste Gewerkschaftsboss, den die Sozialdemokraten in ihrer mehr als 120-jährigen Geschichte zu ihrem Anführer wählten. Löfven gehörte zu den pragmatischen Gewerkschaftlern, er arbeitete oft mit den Firmenchefs zusammen, wenn er fand, es diene den Unternehmen. Als Vorsitzender holte er seine Partei aus der Krise und führte sie 2014 in eine Minderheitsregierung gemeinsam mit den Grünen, unterstützt von der Linken.

Arbeit und Bildung sind seine Lieblingsthemen, aber Löfven inszenierte sich früher auch als global denkender Politiker, der sich wie sein legendärer Vorgänger Olof Palme weltweit gegen Ungerechtigkeit und für Arbeiterrechte einsetzen wollte. In der Flüchtlingskrise 2015 legte er allerdings eine Kehrtwende hin, "so brutal wie kein anderer europäischer Führer", urteilte die Stockholmer Zeitung Dagens Nyheter. Nachdem Schwedens Tore zunächst weit offen gewesen waren, setzte Löfvens Kabinett bald strenge Restriktionen in der Flüchtlingspolitik durch.

Die Rechten stimmen mit der moderaten Opposition

Im Kampf gegen die Rechten half das wenig: Bei den Wahlen im September wurden die rechtspopulistischen Schwedendemokraten drittstärkste Partei und damit zur Kraft, die alles blockieren kann. Am Mittwoch ließen sich die Bürgerlichen gar von den Rechtspopulisten helfen, ihren Rivalen Löfven empfindlich zu treffen: Das Parlament lehnte den Haushaltsentwurf der kommissarischen Regierung ab und votierte mit den Stimmen der Rechtspopulisten für das Budget der oppositionellen Moderaten und Christdemokraten. Für Stefan Löfven ist das ein Tabubruch. Die Bürgerlichen hätten erstmals dafür gesorgt, dass die Rechtspopulisten "entscheidenden Einfluss" auf die schwedische Politik nehmen könnten.

Vier Kandidaten dürfen im Parlament durchfallen, dann muss Schweden neu wählen. Löfven wird am Freitag gestrauchelter Kandidat Nummer zwei sein. Für Stefan Löfven wird das eine herbe Schlappe sein, aber noch nicht das politische Ende. In der letzten Meinungsumfrage hatten Löfvens Sozialdemokraten von allen Parteien am meisten zugelegt seit der Wahl: von knapp 28 auf nun über 30 Prozent.

Zur SZ-Startseite
Schweden-Wahl 2018: Premierminister Stefan Löfven gibt seine Stimme ab

Wahl in Schweden
:Das ist kein Sieg, das ist eine Niederlage

Die Parlamentswahl in Schweden hat gezeigt: Die anderen Parteien stärken die Rechtspopulisten anstatt sie zu schwächen.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: