Süddeutsche Zeitung

Regierungsbildung:Schwedens First Lady

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Schweden hat sich offiziell das Etikett "feministisch" verpasst, am Mittwoch könnte Magdalena Andersson die erste Ministerpräsidentin des Landes werden.

Von Kai Strittmatter, Kopenhagen

Das schwedische Parlament wird am Mittwoch darüber abstimmen, ob das Land erstmals eine Frau als Regierungschefin bekommt: Zur Wahl steht die Sozialdemokratin Magdalena Andersson. Parlamentspräsident Andreas Norlén ordnete am Montag die Abstimmung an, obwohl Magdalena Andersson an dem Tag ihre Sondierungsverhandlungen mit der Linkspartei noch nicht erfolgreich beendet hatte. Andersson sagte, die bisherigen Gespräche seien gut verlaufen, und sie hoffe nun, die Linke bis zum Mittwoch überzeugen zu können. Andersson braucht die Stimmen der Linken.

Die Neuwahl des Ministerpräsidenten war notwendig geworden, nachdem der bisherige Amtsinhaber, der Sozialdemokrat Stefan Löfven, vorzeitig seinen Rücktritt eingereicht hatte. Löfvens Rücktritt kam ein Jahr vor der nächsten Parlamentswahl in Schweden im Herbst 2022. Löfven möchte damit den Sozialdemokraten die Chance zur Erneuerung geben. Themen wie die eskalierende Bandengewalt hatten zuletzt dem rechten Lager Auftrieb gegeben.

Schwedens Regierung ist weltweit die einzige, die sich offiziell das Etikett "feministisch" verpasst hat - gleichzeitig aber ist Schweden unter allen nordischen Ländern das einzige, das noch nie eine Frau als Regierungschefin hatte. Die 54-jährige Magdalena Andersson war bislang Finanzministerin des Landes, Anfang November erst hatte ihre Partei sie zur Vorsitzenden gewählt.

Im schwedischen Parlamentarismus braucht die Regierung nicht die Mehrheit der Stimmen, es genügt, wenn sie keine Mehrheit der Abgeordneten gegen sich hat. Minderheitsregierungen sind dort normal. Andersson darf also am Mittwoch keine 175 Mitglieder des 349 Abgeordnete zählenden Reichstags gegen sich haben. Die bürgerlich-rechte Opposition kommt auf lediglich 174 Stimmen. Zünglein an der Waage sind Zentrumspartei und Linke. Andersson muss dafür sorgen, dass die beiden Parteien sich nicht dem bürgerlichen Lager anschließen, eine Enthaltung würde genügen. Mit der Zentrumspartei hat sie sich schon geeinigt, die Linke ziert sich noch: Die Partei verlangte zuletzt noch die Zustimmung der Sozialdemokraten zu höheren Renten.

Selbst wenn Andersson am Mittwoch gewählt wird, steht sie gleich vor ihrer nächsten Bewährungsprobe: Möglicherweise am selben Tag wird über den nächsten Haushalt abgestimmt. Bei dieser Abstimmung reicht dann eine Enthaltung der beiden Unterstützerparteien nicht mehr: Sie müssen dem sozialdemokratischen Entwurf zustimmen, wenn dieser Erfolg haben soll.

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