Süddeutsche Zeitung

Schweden:Historie im zweiten Anlauf

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Die Sozialdemokratin Magdalena Andersson wird erneut zur Ministerpräsidentin gewählt und tritt das Amt diesmal auch an - als erste Frau in Schweden.

Von Kai Strittmatter, Kopenhagen

Am Montag hat es dann endlich geklappt: Die Sozialdemokratin Magdalena Andersson wurde vom Schwedischen Reichstag erneut zur neuen Ministerpräsidentin des Landes gewählt. Und anders als vergangene Woche hat sie diesmal auch alle Chancen, das Amt tatsächlich anzutreten und so in der Geschichte Schwedens die erste Frau auf diesem Posten zu werden: Schon an diesem Dienstag will die 54-Jährige ihr neues Kabinett vorstellen.

Die Sozialdemokraten werden für den Rest dieser Legislaturperiode allein in einer Minderheitsregierung regieren. In zehn Monaten schon, im September kommenden Jahres, stehen reguläre Neuwahlen an. Als politische Prioritäten bis dahin nannte Andersson am Montag den Kampf gegen Klimawandel und Kriminalität.

101 der 349 Abgeordneten stimmten für Andersson, 173 mit Nein, 75 enthielten sich. In Schweden haben Minderheitsregierungen Tradition, eine Regierung braucht nicht unbedingt die Mehrheit der Stimmen, es genügt, wenn sie keine Mehrheit gegen sich hat. Vergangenen Mittwochvormittag hatte Andersson die Wahl schon einmal gewonnen. Allerdings musste sie den Parlamentspräsidenten schon sieben Stunden später um ihre Entlassung bitten, da der grüne Koalitionspartner in der Zwischenzeit überraschend die Regierung verlassen hatte.

Glückwünsche zur historischen Wahl am Montag kamen auch von politischen Gegnern, die damit anerkannten, dass Frauen nun auch in Schweden diese gläserne Decke durchstoßen hatten. Gleichzeitig kritisierte die Opposition Andersson politisch scharf, der Führer der bürgerlichen Moderaten, Ulf Kristersson, sprach von der "schwächsten Regierung seit 1978". Er spielte damit auf die Uneinigkeit im Regierungslager an: Die Sozialdemokraten sind auf die Unterstützung von drei kleineren Parteien in einem Spektrum von links bis wirtschaftsliberal angewiesen, die sich zum Teil spinnefeind sind.

Andersson regiert mit dem Budget der Opposition

Ein Ergebnis dieser Uneinigkeit ist der neue Haushalt, eine erste große Niederlage für Andersson: Am vergangenen Freitag verabschiedete das Parlament nämlich keineswegs den Haushalt der Sozialdemokraten, sondern den der bürgerlichen Opposition - ein Haushalt, den die bürgerlichen Parteien erstmals gemeinsam mit den rechtspopulistischen Schwedendemokraten ausgehandelt hatten. Die Sozialdemokratin Andersson muss nun also mit dem Budget der rechten Opposition regieren.

Die von vielen Jahren Minderheitsregierung unter dem noch amtierenden Ministerpräsidenten Stefan Löfven ausgelaugten Sozialdemokraten erhoffen sich von Löfvens Nachfolgerin Magdalena Andersson ein neues Profil vor allem in Sachen Kriminalitätsbekämpfung und neuen Schwung bis zur Wahl im kommenden Jahr. Die Frage ist, ob die bisherige Finanzministerin Andersson die hohen Erwartungen erfüllen kann: In der Praxis beginnt jetzt schon der Wahlkampf.

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