Schwarzgeld:Steuerfahnder aus dem Amt gemobbt

Ein Arzt hat unbequemen Schwarzgeld-Ermittlern psychische Störungen attestiert und sie so von ihrer Arbeit ferngehalten. Jetzt wurde er verurteilt.

Hans Leyendecker

Das Wort "Skandal" ist eigentlich abgegriffen, weil es inflationär verwendet wird. Und dennoch verwendet der Bundesverwaltungsrichter Dieter Deiseroth diesen Begriff, wenn er über den Fall jener vier hessischen Steuerfahnder spricht, die sich gegen eine Anweisung gesträubt hatten und dann gemobbt wurden.

dpa, Geldscheine, Steuerfahndung

Ein Arzt hat unbequemen Ermittlern Störungen attestiert und sie von ihren Jobs ferngehalten.

(Foto: Archivfoto: dpa)

Sie wurden mit zweifelhaften Gutachten aus dem Beruf gedrängt. Das Berufsgericht für Heilberufe beim Verwaltungsgericht Gießen ist nun zu dem Ergebnis gekommen, dass der Verfasser dieser vier Gutachten, der Nervenarzt Thomas H., die Expertisen "nicht entsprechend den fachlichen Anforderungen erstellt" habe. Er bekam einen Verweis und wurde zu einer Geldbuße von 12.000 Euro verurteilt. Der Arzt hatte einigen der Beamten "chronische Anpassungsstörungen" und eine "querulatorische Entwicklung" attestiert. Sie könnten nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurück.

Es ist eine Geschichte wie aus Panama, wo es aus Überlebensgründen für Fahnder ratsam ist, nicht immer alles herausfinden zu wollen. Die Steuer-Geschichte begann 2001: Die erfahrenen Fahnder, die zum "Banken-Team" des Frankfurter Finanzamtes V gehörten und teils auch mit dem Schwarzgeld-Skandal der Hessen-CDU beschäftigt hatten, waren von der Amtsleitung aufgefordert worden, nur dann zu ermitteln, wenn das Volumen verdächtiger Transfers bei einer halben Million Mark oder im Fall von Einzeltransfers bei 300.000 Mark liege.

Die Beamten erhoben Einwände, da kleine Transfers oft zu großen Konten führen. Einige Steuerfahnder in Hessen äußern auch heute noch den Verdacht, die Anweisung habe dem Ziel gedient, Hessen für Firmen attraktiver zu machen. Dieser Vorwurf wurde und wird von der Regierung in Wiesbaden vehement zurückgewiesen.

Die aufmüpfigen vier Beamten wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten versetzt, es gab disziplinarische Ermittlungen, und am Ende wurde die Abteilung zerschlagen. Sie wollten zurück ins Amt. Doch dann kam Dr. H. und stellte fest, dass eine Rückkehr an die Arbeitsstätte "nicht denkbar" sei. Einige der Steuerbeamten sind über all dem Ärger ernsthaft krank geworden.

Nach dem Urteil des Gießener Berufsgerichts kündigte jetzt der hessische Gesundheitsminister Jürgen Banzer (CDU) an, die Frage nach einer neuen Begutachtung oder einer Wiederbeschäftigung der Fahnder stelle sich erst, wenn "das Urteil abschließende Rechtskraft erlangt hat". Das kann dauern.

Immerhin haben im Frühjahr zwei der Steuerfahnder für ihre Arbeit den Whistleblower-Preis 2009 erhalten. Die "fachärztlichen Gutachten" des Dr. H., schrieb Richter Deiseroth, der in der Jury saß, jüngst in einer Studie über "Whistleblower und Beamtenrecht" seien "Belege flagranter Verletzungen der ärztlichen Sorgfaltspflichten". Sie seien "eine Schande für den betroffenen Berufsstand".

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