Schwarze US-Soldaten im Zweiten Weltkrieg:Apartheid in Uniform

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Angehöriger der US-Armee übermalt NS-Emblem auf einem Waggon der Reichsbahn. (Foto: National Archive)

Ausgerechnet die US-Armee, die Westeuropa vom Nazi-Rassenwahn befreite, gehorchte im Inneren dem Prinzip der Rassentrennung. Afroamerikanische Veteranen erinnern sich an die abstruse Segregation - unter der nach dem Krieg auch der spätere Außenminister Colin Powell litt.

Von Joachim Käppner

Leon Bass war als Soldat dabei, als amerikanische Soldaten im April 1945 das Konzentrationslager Buchenwald erreichten; er sah das Grauen, die ausgemergelten Häftlinge, die Leichen jener, für welche die Befreiung zu spät gekommen war.

Einen Moment lang dachte er, er wisse nun, wofür er gekämpft hatte: gegen die Nazis, für die universellen Werte der Freiheit. Dann dachte er an zu Hause, den Süden der USA:

"Und ich wurde wütend. Ich erinnerte mich daran, dass ich zu Hause nicht aus dem öffentlichen Wasserspender trinken durfte, wie ich im Restaurant nicht bedient wurde, mich im Bus nicht auf einen freien Platz setzen durfte. Ich hatte den Eindruck, dass mein Vaterland mich missbrauchte. Ich war ein zorniger schwarzer Soldat."

Leon Brass ist Afroamerikaner. Damals nannte man ihn in der eigenen Armee wie selbstverständlich "negroe", Neger. Der Krieg veränderte ihn zutiefst, und er kämpfte weiter - gegen den Rassismus im eigenen Land.

Kameraden zweiter Klasse

Während des Zweiten Weltkrieges waren die Afroamerikaner noch sehr viel weiter als heute von jener Gleichberechtigung entfernt, die ihnen US-Präsident Abraham Lincoln einst verheißen hatte.

Was das im Alltag der Streitkräfte bedeutete, zeigt auf eindrucksvolle Weise die Dokumentation "Ein Hauch von Freiheit" (Originaltitel: "Breath of Freedom"), eine Koproduktion von Broadview, MDR, und dem Smithsonian Channel.

Konzentrationslager
:Das Grauen des KZ Buchenwald

Leichenberge, ausgemergelte Häftlinge, Mord-Vorrichtungen: Als die Amerikaner 1945 Buchenwald erreichten, dokumentierten sie die KZ-Hölle.

Ausgerechnet die Armee, die Westeuropa aus der Nacht von Rassismus und Herrenmenschentum befreite, gehorchte im Inneren dem Prinzip der Rassentrennung, wie es offiziell hieß. De facto war "Segregation" nichts anderes als Apartheid in Uniform, die Diskriminierung schwarzer Offiziere und Soldaten.

Ihre meist nur aus Afroamerikanern bestehenden Einheiten wurden getrennt von den Weißen untergebracht, sie galten in jeder Hinsicht als Kameraden zweiter Klasse.

Welch ein Paradox: Im amerikanischen Bürgerkrieg hatten die Nordstaaten die Sklavenhalter des Südens besiegt, die Einheit der Nation wiederhergestellt und die schwarzen Plantagensklaven befreit. Doch wirklich freie und gleiche Bürger waren die Afroamerikaner nicht geworden.

Der Krieg hat freilich auch geholfen, das zu ändern, bis die Segregation in den sechziger Jahren endlich besiegt wurde - auch wenn die Diskriminierung noch nicht vorüber ist, wie zuletzt die Vorgänge um die Todesschüsse von Ferguson zeigten. Und dennoch: Wer gegen die Nazis gekämpft hatte, ließ sich daheim oft weniger bieten.

Im Dienst der US-Armee während des Zweiten Weltkrieges: Leon Bass. (Foto: Privat)

Der Jazzmusiker Joe Hendricks stürmte am 6. Juni 1944 mit seinen Kameraden am Omaha Beach vor, dem verlustreichsten Strandabschnitt der alliierten Invasion in der Normandie. Er erinnert sich, wie das Erlebnis des Schreckens Weiße und Schwarze näher zusammenbrachte: "Weiße Soldaten schienen das auch so zu empfinden. Warum sollten wir uns gegenseitig bekämpfen, wenn wir einem so starken Gegner gegenüberstanden?"

Doch es sollte dauern. Noch in den späten Fünfzigern durfte Leutnant Colin Powell, später einmal oberster Soldat und danach Außenminister der USA, seinen Stützpunkt in Georgia nicht verlassen - wegen der Rassentrennung.

Er kam als Soldat nach Deutschland, ausgerechnet Deutschland: Und fühlte sich plötzlich freier: "Wir konnten überall hingehen." Daher der Titel des Filmes: Ein Hauch von Freiheit.

Sendetermin: 14.1. 2015, 22:45 Uhr in der ARD.

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