Schwarzarbeit:Drei Millionen Illegale

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Acht von zehn Haushaltshilfen sind nicht angemeldet. Was könnte Abhilfe schaffen?

Von Constanze von Bullion, Berlin

Sie sind das schlechte Gewissen der Besserverdiener, die Retter berufstätiger Eltern, mal Küchenfee, mal Putzhilfe, mal Ersatzoma - und meistens weder gegen Unfall noch Altersarmut abgesichert. In 3,6 Millionen deutschen Haushalten sind Haushaltshilfen beschäftigt, jeder neunte Haushalt lässt bügeln oder babysitten. 80 Prozent der Helfer aber werden von ihren Arbeitgebern weder angemeldet noch sozialversichert. Das ergab eine Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

Wie viel Schwarzarbeit es in deutschen Privathaushalten gibt, kann aber nur geschätzt werden. Fest steht laut IW, dass der Anteil noch immer hoch ist - immerhin aber um 15 Prozentpunkte niedriger ausfällt als vor zehn Jahren. Die Quote der häuslichen Schwarzarbeiterinnen - fünf von sechs Haushaltshilfen sind Frauen - lag 2005 noch bei 95 Prozent. Betrachtet man die absoluten Zahlen und die Tatsache, dass insgesamt etwas weniger Haushaltshilfen beschäftigt werden, liegt die Abnahme der Schwarzarbeit bei 25 Prozent.

"Der Rückgang erklärt sich vor allem durch Zunahme von Minijobs in Privathaushalten, aber auch durch Internetplattformen, die legale Beschäftigungen vermitteln", sagte Dominik Enste, der die Studie verfasst hat. Demnach hat sich die Zahl der Minijobs in Haushalten verdreifacht. Mit ihnen dürfen maximal 450 Euro im Monat verdient werden. Arbeitgeber müssen Mindestlohn zahlen und geringe Pauschalen für Kranken-, Unfall und Rentenversicherung. Das kommt sie laut IW nur unwesentlich teurer. Allerdings werden die Helfer auch bei Urlaub oder Krankheit bezahlt.

Haushaltsnahe Dienstleistungen können steuerlich abgesetzt werden. Dennoch meldet nur jeder fünfte Haushalt seine Helfer an. Fliegt der Betrug auf, drohen Geldbußen bis zu 300 000 Euro, im Extremfall sogar Freiheitsstrafen. Gehen beim Putzen Gegenstände zu Bruch, zahlt die Hausratversicherung nicht. Noch teurer kann es werden, wenn die Haushaltshilfe sich verletzt und nicht unfallversichert ist. Dann wird die Krankenversicherung versuchen, den Arbeitgeber für die Behandlungskosten zur Kasse zu bitten. Das Finanzamt kann auf Steuernachzahlung bestehen.

Jeder neunte Haushalt lässt bügeln, babysitten oder putzen - und wenn es sein muss, reinigt die Haushaltshilfe auch mal das Treppenhaus. (Foto: imago)

Wenn dennoch acht von zehn Haushaltshilfen nicht angemeldet werden, liegt das laut IW-Forscher Enste vor allem an Verdrängung. "Die meisten sagen: 'Das macht doch jeder.' Oft wird so etwas auch als Nachbarschaftshilfe verniedlicht." Einer Haushaltshilfe werde zwar großes Vertrauen geschenkt, diese Vertrauenswürdigkeit aber kaum honoriert. Das zeige die Geringschätzung sozialer Qualifikation.

Mit einem Minijob kann man nur 450 Euro dazuverdienen. Das ist vielen zu wenig

Der Vorsatz, Haushaltshilfen anzumelden, scheitert aber auch oft an den Beschäftigten selbst. Mit Minijobs können sie maximal 450 Euro verdienen, mit mehreren Schwarzjobs oft deutlich mehr. Aus Sicht des arbeitgebernahen IW ist ein "Haupthindernis" für die Anmeldung die Begrenzung der Minijobs auf 450 Euro, die Vollzeitbeschäftigung unmöglich mache.

Im Arbeitsministerium hält man die Kritik für unberechtigt. "Minijobs schaffen einen geeigneten Rahmen, Schwarzarbeit zurückzudrängen", sagte ein Sprecher. Das zeige der Rückgang der Schwarzarbeit in Privathaushalten. Minijobs sollten auch nicht den vollen Lebensunterhalt von Arbeitnehmern gewährleisten, sondern ihnen "die Möglichkeit bieten, entsprechend ihrer individuellen Lebensverhältnisse eine Beschäftigung auszuüben".

Die Opposition sieht das anders. "Wenn drei Millionen Haushaltshilfen schwarzarbeiten, dann haben Minijobs, die unter anderem für genau diesen Zweck - nämlich Schwarzarbeit zu verhindern - geschaffen wurden, offensichtlich versagt", sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer. Speziell geförderte Dienstleistungsagenturen können helfen, die Arbeit in Privathaushalten von Bürokratie zu befreien und existenzsichernde Jobs zu schaffe. "Minijobs gehören abgeschafft. Da müsste von der ersten Stunde an Sozialversicherungspflicht gelten", sagte Linken-Fraktionsvize Sabine Zimmermann. Wegweisend sei der DGB-Vorschlag, mehrere Jobs in Haushalten zu einer voll sozialversicherten Tätigkeit zusammenzubinden - per Zuschuss von Arbeitgeber und Staat.

© SZ vom 02.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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