Schwarz-grüne Sondierungsgespräche:Die Grünen erklären die Verhandlungen für gescheitert

Sondierungsgespräche in Berlin

Die Parlamentariesche Gesellschaft in Berlin: Hier sind die Sondierungsgespräche gescheitert.

(Foto: dpa)

Fast sechs Stunden haben Union und Grüne hinter verschlossenen Türen ihre Gemeinsamkeiten sondiert. Doch in vielen Punkten scheinen die Parteien trotzdem keine Annäherung erzielt zu haben. Mit ihnen werde es keine Koalitionsgespräche geben, vermelden die Grünen.

Die Entwicklung im Newsblog. Von Michael König und Antonie Rietzschel, Berlin

Die schwarz-grünen Sondierungen sind gescheitert - vieles spricht nun für eine Neuauflage der großen Koalition. Die Grünen wollten keine weiteren Verhandlungen mit der Union, verlautete in der Nacht zum Mittwoch von den Grünen. Auf beiden Seiten war im Laufe des Abends aber dennoch von guten und sachlichen Gesprächen berichtet worden.

Nach der achtstündigen Sondierung mit der SPD am Montag, die von beiden Seiten als nicht nur harmonisch empfunden wurde und nun wohl mit Sicherheit in eine dritte Runde münden wird, hatte sich die Union am Dienstagabend zum zweiten Gespräch mit den Grünen getroffen. Nach fast sechs Stunden Diskussion berieten beide Seiten in internen Gesprächen. Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Wo die Streitpunkte lagen: Einige Einzelheiten aus dem zweiten Sondierungsgespräch sind bereits nach außen gedrungen. So sollen die Grünen - wie zuvor auch die SPD - mit ihrer Forderung nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn bei der Union auf Granit gebissen haben. Auch bei anderen Fragen aus dem Bereich Arbeit und Soziales habe es keine Einigung gegeben, verlautete nach rund vier Stunden aus Teilnehmerkreisen. Demnach sind auch der Hartz-IV-Regelsatz und die von den Grünen geforderte Bürgerversicherung strittig gewesen. Große Differenzen hätten sich bei den Themen Agrar und Verkehr gezeigt, hieß es. Auch bei der Frage der PKW-Maut gehe nichts zueinander.Eine Ausweitung der LKW-Maut hätte man hingegen zusammen hinbekommen. Positive Signale soll die Union hingegen bei gesellschaftspolitischen Themen der Grünen gesendet haben. Aus Unionskreisen hieß es denn auch trotz der Absage, die Gespräche seien zunächst gut und sachlich verlaufen.
  • Fahrplan: Um 17 Uhr hatte das Treffen begonnen. "Open end" hatten beide Partner verabredet. Nach der eigentlichen Sondierung, die fast sechs Stunden dauerte, trafen sich CDU und Grüne zu internen Bewertungsrunden. Nach deren Ende verkündeten die Grünen, sie wollten keine weiteren Verhandlungen und stattdessen in die Opposition gehen. Schon vorher ging die Tendenz zu einem Nein.
  • Grüne vor den Verhandlungen skeptisch bis neugierig: Viele Grünen zuckten mit den Schultern, wenn sie auf ein schwarz-grünes Bündnis angesprochen werden. Als Möglichkeit für die Zukunft sei das nicht zu verachten, hieß es vor der zweiten Sondierungsrunde. Doch der Weg zur CSU sei noch weit. Und auch Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg und Befürworter schwarz-grüner Bündnisse, sieht die eigene Partei noch nicht bereit zu einem solchen Experiment. "Die Partei ist aus der Spur geraten", sagte er mit Blick auf die eigenen Reihen. Trotz der Vorbehalte signalisieren die Grünen öffentlich Gesprächsbereitschaft. "Ernsthaft und sachlich" wolle man vorgehen, sagte der neue Fraktionschef Toni Hofreiter. "Offen und ernsthaft" nannte es Kretschmann, "sachlich und zielorientiert" Parteichef Cem Özdemir. Ko-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt zeigte sich im Gespräch mit Spiegel Online gar "neugierig" und "natürlich offen für mögliche Überraschungen."
  • Union verhalten: Bei CDU und CSU rechneten die meisten wohl schon vor dem Ausgang des heutigen Sondierungsgesprächs eher mit einer großen Koalition als mit einem schwarz-grünen Bündnis. Klar für eine Annäherung an die Grünen hatte sich Heiner Geißler (CDU) in einem Gastbeitrag für die SZ ausgesprochen. Die Politiker, die mit am Verhandlungstisch sitzen, wollen zumindest nichts ausschließen. So sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nach der zweiten Sondierungsrunde mit der SPD am Montag, für Donnerstag sei ein weiterer Gesprächstermin ins Auge gefasst. Allerdings könne dieser auch den Grünen angeboten werden. Für die CSU gilt wohl weiterhin, was deren Generalsekretär Alexander Dobrindt nach den ersten Gesprächen mit den Grünen sagte: Man könne sich durchaus wieder mit ihnen treffen, doch "der Weg von den Grünen zu uns ist etwas weiter als von der SPD zu uns".
  • Wer am Verhandlungstisch saß: Die Grünen boten ihre Parteichefs Özdemir und Claudia Roth auf, die Fraktionschefs Hofreiter und Göring-Eckardt, Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke, Spitzenkandidat Jürgen Trittin sowie Ministerpräsident Kretschmann und Nordrhein-Westfalens Vize-Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann. Die Union kam mit den Parteichefs Merkel und Horst Seehofer, den Generalsekretären Alexander Dobrindt und Hermann Gröhe, Fraktionschef Volker Kauder und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Aus dem (bisherigen) Bundeskabinett kamen Wolfgang Schäuble, Ronald Pofalla, Hans-Peter Friedrich, Peter Ramsauer und Ilse Aigner hinzu. Aus den Ländern zudem die beiden Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (Sachsen) und Volker Bouffier (Hessen) sowie Bayerns Landtagspräsidentin Barbara Stamm.
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