Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Zwischen Macht und Ohnmacht

Von der Wunschkoalition zum Zweckbündnis: Seit vor zwei Jahren der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag unterzeichnet wurde, sitzen Routiniers und Novizen im Bundeskabinett Seite an Seite. Wer aus Merkels Kabinett hat gute Arbeit geleistet? Stimmen Sie ab.

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Angela Merkel, Bundeskanzlerin (CDU)

Deutschlandtag Junge Union - Angela Merkel

Quelle: dpa

Damit machte sie Schlagzeilen: Zögern in der Atompolitik, Zögern in der Eurokrise, Zögern beim Rauswurf Karl-Theodor zu Guttenbergs. Die Kanzlerin pflegte in der ersten Hälfte der Legislaturperiode ihren stoischen Stil, doch sie wurde von heiklen Themen geradezu überrollt. Erst beschloss ihre Regierung eine Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke, nach Fukushima kam im März 2011 die Kehrtwende. Die Euro-Krise wurde zum Dauerthema. Statt einen Plan für die Lösung der Krise vorzulegen, begannen Merkel und ihre europäischen Amtskollegen auf Zeit zu spielen.

Nach milliardenschweren Rettungspaketen, einem Rettungsschirm, der in einer Nachtsitzung auf eine Billion Euro gehebelt wurde, und täglich neuen Horrormeldungen von den Finanzmärkten ist weder Griechenland noch der Euro endgültig gerettet. Rhetorisch steht Merkel allerdings deutlich hinter Europa - und sie hat beim Brüsseler Gipfel viele der deutschen Positionen durchgesetzt.

Spruch der ersten Halbzeit: "Scheitert der Euro, scheitert Europa."

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Philipp Rösler, zuerst Gesundheits-, dann Wirtschaftsminister (FDP)

Bundestagsfraktionssitzung der FDP

Quelle: dpa

Damit machte er Schlagzeilen: Als Anführer der jungen FDP-Garde löste Philipp Rösler den angeschlagenen Guido Westerwelle als Parteichef ab. Außerdem wechselte er vom Gesundheitsministerium ins Wirtschaftsministerium - die "Wunderwaffe der FDP" kann offenbar alles. Mit der Psychologie der Finanzmärkte aber kennt sich der Medziner nicht aus: Vor der Berlin-Wahl dachte er laut über eine "geordnete Insolvenz Griechenlands" nach und verschärfte kurzfristig die Schuldenkrise.

Als Gesundheitsminister wollte Rösler mit seiner großen Gesundheitsreform einen "Beitrag für Wachstum und Beschäftigung" leisten. Die Arbeitgeberbeiträge wurden festgeschrieben, alle künftigen Kostensteigerungen sollen die Kassenmitglieder über Zusatzbeiträge aus eigener Tasche zahlen. Die Opposition kritisierte die Reform als unsozial und verfassungswidrig. In zwei Gesetzen hatte Rösler zuvor den Arzneimittelmarkt reformiert - in der Hoffnung, so die Kosten in den Griff zu bekommen. Er erhöhte die Abgaben für Pharma-Industrie, Großhandel und Apotheken und setzte durch, dass erstmals in Deutschland über den Preis von neuen Arzneimitteln verhandelt werden kann. Rösler erreichte damit mehr als seine Vorgänger.

Zuvor hatte der Liberale den Pharmakonzernen insgesamt 50 Millionen Dosen Impfstoff gegen die Schweinegrippe abgekauft, doch impfen ließen sich nur wenige Deutsche.

Spruch der ersten Halbzeit: "Das ist keine Koalition, sondern manchmal eine schlagende Verbindung."

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Guido Westerwelle, Außenminister (FDP)

Bundesparteitag der FDP

Quelle: dapd

Damit machte er Schlagzeilen: Wo soll man da anfangen? Im März 2011 sorgte Chefdiplomat Guido Westerwelle mit der deutschen Enthaltung zum Libyeneinsatz für Aufsehen. Deutschland könne nicht überall helfen, auch "wenn es einem das Herz bricht". Kritiker unterstellten ihm populistische Absichten, nachdem er die deutsche Enthaltung bei der Abstimmung über die Resolution 1973 im UN-Sicherheitsrat durchgesetzt hatte.

Abgesehen vom erkämpften nicht ständigen Sitz im höchsten UN-Gremium machte Westerwelle in seiner Rolle als Außenminister wenig Schlagzeilen. Umso mehr als Vorsitzender der FDP: Mit Reisen, auf die er Freunde und Parteispender mitnahm, und abschätzigen Äußerungen über Hartz-IV-Empfänger hatte er die Liberalen auf fünf Prozent herunterregiert. Im Mai 2011 wurde Westerwelle als Parteichef abgelöst, doch seinen Posten als Außenminister konnte er durch geschickte parteiinterne Manöver verteidigen. Auch in der Union hat sich Westerwelle keine Freunde gemacht: Direkt nach den Koalitionsverhandlungen erzählte er stolz, er habe sich in allen Punkten durchsetzen können.

Spruch der ersten Halbzeit: "Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein."

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Wolfgang Schäuble, Finanzminister (CDU)

Bundesregierung senkt BIP-Prognose fuer 2012 deutlich

Quelle: dapd

Damit machte er Schlagzeilen: Im ersten Amtsjahr kaufte Schäuble eine umstrittene Daten-CD über Steuerhinterzieher und verpasste internationale Finanzministertreffen, weil er für längere Zeit ins Krankenhaus musste. Im November 2010 meldete er sich unwirsch zurück: Er forderte seinen Sprecher während einer Pressekonferenz vor laufenden Kameras wütend auf, den Journalisten endlich die neue Prognose zur Steuerschätzung zu verteilen - woraufhin dieser zurücktrat.

Die größte Aufmerksamkeit zog Schäuble als Verfechter der EU-Milliardenhilfen auf sich. Der überzeugte Europäer mahnte die Griechen immer wieder, ihre Sparziele einzuhalten. Zugleich pochte er darauf, bei deren Rettungsaktion die Banken einzubeziehen. Er kämpfte im Bundestag für den EFSF, plädierte für dessen Erweiterung und vermied klare Aussagen über die Möglichkeit, die Wirkung des Euro-Rettungsschirms mit einem Hebel zu vergrößern. Vor kurzem verkündete Schäuble mit Wirtschaftsminister Rösler, dass es heimliche Steuererhöhungen durch die "kalte Progression" nicht mehr geben soll - sehr zum Unbehagen von CSU-Chef Seehofer, der nicht informiert worden war.

Spruch der ersten Halbzeit: "Der europäische Rettungsschirm hat eine Obergrenze von 440 Milliarden Euro - auf Deutschland entfallen 211 Milliarden. Und das war es. Schluss. Bis auf die Zinsen, die kämen noch obendrauf."

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Ursula von der Leyen, zuerst Familien-, dann Arbeitsministerin (CDU)

Kabinett

Quelle: dapd

Damit machte sie Schlagzeilen: Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit mit dem Wechsel vom Familien- ins Arbeitsministerium. Von der strahlenden Supermutti zu ..., ja, wozu eigentlich? Nach dem Rücktritt Horst Köhlers wurde sie als mögliche Bundespräsidentin gehandelt - und kam nicht zum Zug. Als Arbeitsministerin machte sich von der Leyen für eine gesetzliche Frauenquote in Führungspositionen der Wirtschaft stark. Merkel sagte nein. Den belasteten Begriff "Hartz IV" wollte von der Leyen durch "Basisgeld" ersetzen. Auch davon hielt das Kanzleramt nichts.

Die Ausgestaltung der Hartz-IV-Regelsätze nahm sie in die Hand, konzentrierte sich auf den Nachwuchs und setzte sich mit ihrem Bildungspaket durch. Ihre Idee einer Chipkarte ging jedoch unter. Auch der Start des Bildungspakets verlief eher schlecht als recht. Selbst innerhalb des Ministeriums knirscht es - wegen von der Leyens Personalentscheidungen. So erfolgreich wie im Familienressort ist die "Superministerin", die bei jeder Gelegenheit gegen ihre Nachfolgerin stichelt, im neuen Ressort also nicht. Vielleicht hat sie sich deswegen Europa zum "Lebensthema" gemacht.

Spruch der ersten Halbzeit: "Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen." Über die Hartz-IV-Reform.

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Kristina Schröder, Familienministerin (CDU)

Ministerin unzufrieden mit Kita-Engagement einiger Länder

Quelle: dpa

Damit machte sie Schlagzeilen: Mit dem Versuch, aus dem Schatten ihrer übermächtigen Vorgängerin, der siebenfachen Mutter Ursula von der Leyen, zu treten. Mit 32 Jahren trat Kristina Köhler ihr Amt an und wurde skeptisch beäugt: Jung, unerfahren und kinderlos - kann sie eine gute Familienministerin sein? Eine Familie gründete sie während ihrer Amtszeit: Im Februar 2010 heiratete sie ihren Parteikollegen Ole Schröder, im Januar 2011 verkündete sie in der Bild-Zeitung ihre Schwangerschaft und im September kehrte sie als Mutter aus der Baby-Pause zurück.

Und politisch? Gegenwind aus der Opposition und den eigenen Reihen erhielt Schröder für ihre Idee, das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger zu kürzen. Auch ihr Vorschlag eines Ersatz-Zivildiensts nach dem Wegfall der Wehrpflicht stieß auf wenig Zustimmung. Kritik von Alice Schwarzer und der Opposition gab es zu ihren Feminismus-Ansichten. Elterngeld, Krippenausbau, Betreuungsgeld: Schröder setzte sich stets dafür ein, Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf je nach persönlicher Situation zu erleichtern. Auch wenn manche Idee anfangs zerpflückt wurde, kehrte sie mit überarbeiteten Modellen zurück auf die Politbühne.

Spruch der ersten Halbzeit: "Wir müssen uns von der Illusion verabschieden, dass wir unsere Probleme immer mit mehr Geld lösen."

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Justizministerin (FDP)

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wird 60

Quelle: dapd

Damit machte sie Schlagzeilen: Unter Helmut Kohl war die FDP-Politikerin bereits Justizministerin. Damals trat sie aus Protest gegen den Großen Lauschangriff zurück. In ihrer zweiten Amtszeit kämpfte sie gegen digitale Angriffe auf die Bürgerrechte: Im Streit um Internetsperren vertrat sie die Haltung "Löschen statt Sperren" und veranlasste das Ende der Internetsperren der großen Koalition. Nachdem es ihr nicht gelungen war, die Vorratsdatenspeicherung - ein weiteres Erbe der großen Koalition - in den Koalitionsverhandlungen mit der Union zu stoppen, freute sie sich über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das das Gesetz kippte. Die Liberale war eine von tausend Klägern.

Die Vorratsdatenspeicherung ist aber weiterhin ein Zankapfel der schwarz-gelben Koalition. Zu Reibereien kam es auch wegen des vom Chaos Computer Club enttarnten "Staatstrojaners". Leutheusser-Schnarrenberger forderte Innenminister Friedrich auf, die Privatsphäre der Bürger besser zu schützen. Weiteres Thema: die Neuregelung der Sicherungsverwahrung für Schwerverbrecher nach ihrer Haft. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und das Bundesverfassungsgericht hatten die deutsche Regelung für verfassungswidrig erklärt. Die Ministerin reformierte: Eine Sicherungsverwahrung muss nun bereits im Urteil - zumindest vorbehaltlich - angeordnet werden. Die geplante Abschaffung der nachträglichen Sicherungsverwahrung wird derzeit noch von den Bundesländern geprüft. Außerdem wurde die bayerische Landesvorsitzende zeitweise als Nachfolgerin für FDP-Chef Guido Westerwelle gehandelt. Sie gehörte zu den ersten prominenten Liberalen, die Westerwelle öffentlich kritisierten.

Spruch der ersten Halbzeit: "Ich glaube, vor allem der Start der Koalition ist misslungen. Wir haben gezögert, wir haben Entscheidungen getroffen und dann wieder zerredet und zu grundlegenden Fragen zu lange debattiert."

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Hans-Peter Friedrich, Innenminister (CSU)

Government Weekly Cabinet Meeting

Quelle: Getty Images

Damit machte er Schlagzeilen: Nach dem Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg folgte der CSU-Mann Thomas de Maizière als Innenminister. Gleich bei seinem ersten Auftritt widersprach er dem Bundespräsidenten: Zu Deutschland gehörten zwar die Bürger muslimischen Glaubens, nicht aber der Islam. Muslime und Opposition waren erzürnt. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärte Friedrich kurz darauf, dass er zusammenführen wolle, aber klare Anforderungen an alle in Deutschland lebenden Menschen stelle.

Und sonst? Friedrich warnte vor Hacker-Angriffen und nach den Anschlägen in Norwegen vor rechten Autonomen. Er verteidigte, dass die Bundespolizei in Saudi-Arabien saudische Grenzschützer ausbildet, auch wenn die Opposition einen Missbrauch der Beamten für Rüstungsgeschäfte witterte. In der Staatstrojaner-Affäre war vom Minister lange nichts zu hören, dann griff er den Chaos Computer Club an, der "dem Chaos in seinem Namen alle Ehre gemacht" habe. Die Bundesländer hätten mit der in die Kritik geratenen Späh-Software keine rechtlichen Grenzen überschritten, befand der CSU-Politiker. Die Polit-Neulinge der Piratenpartei sahen das anders - und erstellten Strafanzeige gegen Friedrichs bayerischen Kollegen Joachim Herrmann.

Spruch der ersten Halbzeit: "Der Islam ist nicht Teil der deutschen Leitkultur und wird es auch in Zukunft nicht sein."

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Ilse Aigner, Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin (CSU)

BioFach-Messe 2010 in Nürnberg - Aigner wird geschminkt

Quelle: dpa

Damit machte sie Schlagzeilen: Internet und Dioxin. Nach mehreren Datenschutzpannen und -verstößen bei Facebook kündigte die Ministerin demonstrativ ihren Account. Wenn es nach Aigner ginge, sollten Gesichtserkennung, Datenübermittlung und Co. auf europäischer Ebene geregelt werden. Auch Google Street View sagte sie den Kampf an. Mieter und Besitzer konnten ihre Häuser in Deutschland unkenntlich machen lassen, doch die Verbraucherschutzministerin kritisierte die Einspruchsfrist als zu kurz und das Verfahren als zu bürokratisch. Im Januar 2011 kam die Dioxin-Krise. Sie wurde zur Krise der Ministerin. Anfangs hieß es aus dem Ministerium: "Die Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung ist Ländersache." Und: "Wir beobachten die Lage weiterhin sehr aufmerksam." Erst zwei Wochen nach den ersten Dioxin-Funden in Futtermittel und Eiern stellte sie einen "Zehn-Punkte-Plan" auf. Sie forderte personelle Konsequenzen in Niedersachsen - doch Ministerpräsident David McAllister ließ ihr Ultimatum verstreichen.

Schwache Nerven wurden Aigner im Management des Dioxin-Skandals vorgeworfen, bei der Ehec-Krise im Juni lief es nur etwas besser: Spanischen Politikern gefiel Aigners Warnung vor spanischen Gurken ganz und gar nicht. Doch in der bayerischen Heimat steht es gut um die CSU-Frau, die beim Papst-Besuch mit Dirndl im Bundestag saß: Als erste Frau führt Aigner den mächtigen Bezirk Oberbayern und bewies auf dem CSU-Parteitag "eiserne Nerven", als sie sich für Verkehrsminister Peter Ramsauer einsetzte. Dafür gab es ein Lob von Horst Seehofer.

Spruch der ersten Halbzeit: "Orwell hätte sich das nicht träumen lassen." Über Google Street View.

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Thomas de Maizière, zuerst Innen-, dann Verteidigungsminister (CDU)

Verteidigungsminister de Maiziere in Afghanistan

Quelle: dpa

Damit machte er Schlagzeilen: Sacharbeit scheint Thomas de Maizière besser zu gefallen als Schlagzeilen. Als Innenminister blieb er locker, als die Amerikaner Terrorwarnungen verkündeten - und unterschied sich damit deutlich von seinem Vorgänger Schäuble, der mitunter diffuse Bedrohungslagen als akute Gefährdung dargestellt hatte. Im November 2010 jedoch verkündete auch er eine Terrorwarnung. In der Integrationsfrage legte er lieber die Versäumnisse der Politik dar, als sich in Debatten über Integrationsverweigerer einzumischen, und reformierte die Islamkonferenz.

Nach Guttenbergs Plagiat-Abgang fand de Maizière das Verteidigungsministerium nicht als "bestelltes Haus" vor, wie sein Vorgänger verkündet hatte. "Die Bundeswehr ist gegenwärtig nicht zu führen - auch nicht von mir", soll de Maizière in einer Sitzung des Union-Fraktionsvorstandes gesagt haben. Die Bundeswehrreform ist ein jahrzehntelanges Großprojekt, das der Minister nicht zu Ende bringen wird. Dennoch äußerte er konkrete Vorstellungen: weniger Kampfflugzeuge und Panzer soll es geben - und weniger Standorte. Effizienter und weniger hierarchisch sollen Entscheidungen ablaufen. Auch das Ministerium will er verkleinern. In de Maizières Amtszeit wurde die Wehrpflicht ausgesetzt, ein historischer Schritt. Rechtfertigen musste sich der Minister auch: für die Panzer-Lieferungen nach Saudi-Arabien und für Munitions-Lieferungen für den Libyen-Einsatz der Nato.

Spruch der ersten Halbzeit: "Töten und Sterben gehören dazu." Über die Gefahren der Auslandseinätze der Bundeswehr

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Daniel Bahr, Gesundheitsminister (FDP)

Bahr bei Einweihung eines Produktions- und Forschungsgebaeude der Qiagen GmbH

Quelle: dapd

Damit machte er Schlagzeilen: Zunächst mit dem FDP-Machtkampf, der ihn im Mai 2011 zu Röslers Nachfolger im Gesundheitsministerium machte. Nach der Pleite der Berliner City BKK versuchte Bahr kurz nach Amtsantritt, sich zum Anwalt der Versicherten aufzuschwingen. Er kritisierte Krankenkassen, die Versicherte der City BKK abweisen und nicht übernehmen wollten. Dann kamen die Keime, Infektionen, Todesfälle - und Bahr bekam Rüffel für sein Ehec-Krisenmanagement. Es müsse kein Krisenstab eingerichtet werden, sagte er anfangs, Forderungen nach einer zentralen Behörde seien "typisch deutsch". Bahr musste allerdings einräumen, dass es in manchen Kliniken wegen des Ehec-Erregers Engpässe bei der Versorgung der Bevölkerung gab. Auf einer Sonderkonferenz präsentierte er mit Verbraucherschutzministerin Aigner Ergebnisse der Ehec-Krise - und wurde vom EU-Gesundheitskommissar gelobt. Schließlich zeigte er sich doch noch bereit, das Krisenmanagement zu verbessern.

Voller Überzeugung widmete sich Bahr anschließend einem anderen Thema: der Organspende. Er schlug vor, das Transplantationsgesetz zu ändern. Krankenkassen sollen die Mitglieder befragen, ob sie zu einer Organspende bereit sind.

Spruch der ersten Halbzeit: "Organspende ist ein Akt der Nächstenliebe."

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Peter Ramsauer, Verkehrsminister (CSU)

Flugausfälle nach Vulkanausbruch

Quelle: dpa

Damit machte er Schlagzeilen: Auch wenn der Verkehrsminister das Wort "Saftladen" vermied, so schimpfte er doch häufig gegen die wetteranfällige Deutsche Bahn. In der Hitze des Sommers 2010 fielen Züge aus, im darauffolgenden Winter verursachten vereiste Anlagen ein Bahn-Chaos. Ramsauer machte die Sparmaßnahmen der alten Bahn-Führung für die Pannenserie verantwortlich und mahnte Besserung an. Investieren würde der Minister auch gerne in das umstrittenen Projekt Stuttgart 21. Er will weiterbauen, doch Parkschützer und der Regierungswechsel in Baden-Württemberg machten ihm zunächst einen Strich durch die Rechnung. Mit den Worten "Mit der Geduld ist es vorbei" warnte er die neue Regierung in Stuttgart davor, das Projekt zu verschleppen. Der Ausbruch der isländischen Vulkans Eyjafjallajökull im April 2010 forderte den Minister ebenso. Eine Aschewolke zog über Deutschland, Ramsauer ließ den deutschen Luftraum schließen - und sah sich Beschimpfungen aus der Luftfahrtbranche ausgesetzt. Hunderttausende Urlauber saßen im Ausland und auf deutschen Flughäfen fest.

Spruch der ersten Halbzeit: "Ich bin kein Prophet." Auf die Frage, wie lange das Flugverbot wegen der Aschewolke noch anhalten würde.

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Norbert Röttgen, Minister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (CDU)

Koalitionsausschuss berät über Details des Atomausstiegs

Quelle: ZB

Damit machte er Schlagzeilen: Erklären. Erklären, was bei der Katastrophe in Fukushima geschah. Erklären, warum die Regierung nun doch frühzeitig aus der Atomenergie aussteigen will. Erklären, wie Deutschland den Übergang zu erneuerbaren Energien schaffen soll. Die geplante Energiewende - weg vom Atomstrom, hin zu erneuerbaren Energien. Das war Röttgens Thema. 2022 soll das letzte Atomkraftwerk abgeschaltet werden, bis 2050 soll der Umstieg auf erneuerbare Energien erfolgt sein. Im Oktober 2010 noch hatte die Bundesregierung den Ausstieg aus dem von der rot-grünen Regierung im Jahr 2000 eingeleiteten Atomausstieg angezettelt. Röttgen hatte den koalitionsinternen Machtkampf gegen den damaligen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle verloren, der sich für eine Laufzeitverlängerung von mehr als 20 Jahren ausgesprochen hatte. 

Spruch der ersten Halbzeit: "Was sich gesellschaftlich annähert, wird auf Dauer politisch nicht getrennt bleiben." Über Schnittmengen in der Wählerschaft von CDU und Grünen.

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Annette Schavan, Bildungs- und Forschungsministerin (CDU)

German Weekly Cabinet Meeting

Quelle: getty

Damit machte sie Schlagzeilen: Schavan als Zielscheibe der eigenen Partei im Streit um den Profilverlust der CDU. Die Nachwehen des Bildungsstreiks vom Sommer 2009 verstand Schavan mit kleineren Zugeständnissen (das Bafög wurde um durchschnittlich 13 Euro erhöht) auszusitzen. Sie führte das Deutschlandstipendium ein, das Studenten unabhängig von der finanziellen Situation ihrer Eltern unterstützen soll, setzte sich für den Zuzug ausländischer Fachkräfte ein und brachte ein Gesetz zur beschleunigten Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse auf den Weg.

Mit ihrer Bildungsreform, die auch die Abschaffung der Hauptschule vorsieht, eckte sie jedoch in der eigenen Partei an. Nach der Wende in der Atompolitik und der Eurokrise bedeutete die Abkehr vom dreigliedrigen Schulsystem für viele in der Union einen weiteren Profilverlust. Ihr heimischer CDU-Kreisverband Alb-Donau verpasste ihr einen Denkzettel und wählte sie nur zur Ersatz-Delegierten für Landes- und Parteitage. Ehemalige Weggefährten wie der frühere Ministerpräsident Baden-Württembergs Erwin Teufel distanzierten sich von ihr.

Spruch der ersten Halbzeit: "Es gibt kein gerechteres Kriterium als Leistung."

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Dirk Niebel, Entwicklungsminister (FDP)

Afrikareise Westerwelle und Niebel

Quelle: dpa

Damit machte er Schlagzeilen: Niebel wollte während seiner Israelreise im Juni 2010 ein deutsches Projekt im Gaza-Streifen besuchen. Doch Israel verweigerte ihm die Einreise - war der Deutsche zu gefährlich? Dass Niebel das Entwicklungsministerium übernahm, kam überraschend. Immerhin wollten er und seine Partei das Ressort kurz zuvor noch abschaffen und ins Auswärtige Amt integrieren. Wenn auch nicht abgeschafft, so hat Niebel zumindest den Schwerpunkt seines Ministeriums von der Entwicklungshilfe hin zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit verlagert. Entwicklungshilfe soll sich lohnen.

Kritisiert wurde Niebel vor allem von Hilfsorganisationen: Sie halten die Dominanz von wirtschaftlichen Interessen in der Entwicklungshilfe für problematisch, auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bemängelte, dass Deutschland hinter seinen Zusagen zurückblieb und Entwicklungshilfe nicht an die ärmsten Länder, sondern an "Länder mit mittlerem Einkommen" vergebe.

Spruch der ersten Halbzeit: "Das Ressort ist kein Weltsozialamt, wie manche dieses Haus in der Vergangenheit betrachtet haben."

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Schwarz-gelbe Minister in der Einzelkritik:Ronald Pofalla, Chef des Bundeskanzleramts und Minister für besondere Aufgaben

Koalitionsgespräche - Pofalla

Quelle: dpa/dpaweb

Damit machte er Schlagzeilen: Verbale Entgleisungen gegen Wolfgang Bosbach. "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen", soll er zu seinem CDU-Parteikollegen gesagt haben, weil dieser gegen den Euro-Rettungsschirm stimmen wollte. Pofalla, den die Kanzlerin einmal als "Versöhnungswerk auf Rädern" bezeichnete, hat sich für seinen Ausrutscher entschuldigt. Doch war es nicht das erste Mal, dass er in der Kritik stand. Als Chef des Bundeskanzleramts ist es seine Aufgabe, die Arbeit der Minister zu koordinieren, die Kanzlerin zu informieren und nach Möglichkeit kaum in Erscheinung zu treten.

Pofalla scheint aber bisweilen zurück in die Verhaltensmuster des CDU-Generalsekretärs zu fallen: etwa dann, wenn er sich für den Erhalt der Wehrpflicht starkmachte oder bei der Debatte um Laufzeitverlängerung Umweltminister und Bundesrat außen vor lassen wollte. Bisher scheint die Kanzlerin hinter ihrem engen Vertrauten zu stehen. Pofalla wird jedoch zunehmend zum Problemfall.

Spruch der ersten Halbzeit: "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen."

© sueddeutsche.de/Lydia Bentsche/Jakob Kienzle/mati
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