Die zum Anfang des kommenden Jahres geplanten Steuerentlastungen sorgen weiter für Streit. Bei einem Treffen der CDU-Spitze mit den Ministerpräsidenten der Union am Donnerstagabend in Berlin konnten die Unstimmigkeiten nicht beseitigt werden. Auch in den Kommunen wächst der Widerstand. Damit droht das erste Gesetzesvorhaben der schwarz-gelben Koalition vor dem Vermittlungsausschuss zu landen.

Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), fürchtet, dass die Städte wegen der geplanten Steuersenkungen Einschnitte bei den Leistungen für die Bürger vornehmen müssen. Ziel sei es, ein gutes Angebot etwa bei Bildung, Kultur und Integration zu sichern, zum Beispiel durch Jugendclubs, Schwimmbäder und Theater, sagte Roth der Süddeutschen Zeitung. "Aber viele Städte wissen nicht mehr, wie sie das heutige Niveau in der Krise halten sollen."
Wenn FDP und Union die Steuern wie geplant senkten, müssten sie einen finanziellen Ausgleich in Milliardenhöhe erhalten, forderte Roth. So könne der Bund beispielsweise seinen Anteil an der Gewerbesteuer reduzieren, die sogenannte Gewerbesteuerumlage.
Die Städte seien Garanten für ein gelingendes Zusammenleben und müssten handlungsfähig bleiben. "Doch das ist in Gefahr", sagte Roth. Allein durch das anstehende Wachstumsbeschleunigungsgesetz entstünden den Kommunen Steuerausfälle von 1,6 Milliarden Euro. Insgesamt will die Koalition Bürger und Unternehmen um 8,4 Milliarden Euro entlasten.
Kritik von den Länderchefs
Bei dem Treffen mit den Ministerpräsidenten gelang es Merkel nicht, den kritischen schleswig-holsteinischen Landeschef Peter Harry Carstensen davon zu überzeugen, dass die Steuersenkungen notwendig sind. Carstensen will das Vorhaben nicht mittragen, wenn es keine Zahlungen des Bundes an die Länder zum Ausgleich für die Einnahmeverluste geben sollte.
Carstensen sagte, dies sei auch die Linie des FDP-Politikers Wolfgang Kubicki, mit dem er die schwarz-gelbe Koalition im Norden führt. Ohne die Stimme der Landesregierung in Kiel würde im Bundesrat eine Mehrheit für die Steuersenkungen fehlen. Merkel kündigte daraufhin in der Runde ein Gespräch zwischen Vize-Kanzler Guido Westerwelle und Kubicki an.
Kritische Äußerungen kamen in der Sitzung auch von anderen Regierungschefs. Sowohl der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich als auch sein niedersächsischer Kollege Christian Wulff äußerten starke Bedenken, betonten aber, dieses eine Mal seien sie noch bereit zuzustimmen, obwohl der Bund wieder einmal Politik auch auf Kosten der Länder praktiziere.
Nachdem sich abgezeichnet hatte, dass trotz kritischer Positionen alle anderen schwarz-gelben Regierungen die Pläne der Bundesregierung mittragen würden, soll Carstensen erklärt haben, dann müsse er mit seinem Nein eben Konsequenzen ziehen. Das Wort von einem möglichen Rücktritt aber habe er nicht verwendet, sagte ein Ministerpräsident der SZ.