Schwarz-Gelb:Wohltaten für Familien und Hartz-IV-Empfänger

Merkel und Westerwelle versprechen Unterstützungen in Milliardenhöhe - und düpieren damit ihre Finanzexperten.

P. Blechschmidt, C. Hulverscheidt, D. Kuhr

CDU, CSU und FDP wollen sich trotz des Haushaltslochs neue Milliardenausgaben offenhalten. Die Spitzen der drei Parteien setzten sich am Donnerstag über eine Empfehlung ihrer Finanzexperten hinweg, die alle an den Koalitionsverhandlungen beteiligten Fachpolitiker zur Einhaltung strikter Budgetregeln verpflichtet hätte.

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Versprechen Wohltaten gegen den Rat ihrer Haushaltsexperten: Angela Merkel und Guido Westerwelle.

(Foto: Foto: ddp)

Für die Arbeitsgruppe Haushalt/Steuern/Finanzen unter Leitung von Kanzleramtschef Thomas de Maizière und FDP-Vizefraktionschef Hermann Otto Solms ist die Entscheidung ein Rückschlag. Die Finanzexperten hatten am Mittwochabend acht "goldene Regeln" vereinbart. Danach hätten alle Arbeitsgruppen, die zusätzliche Ausgaben vorschlagen, das Geld auch im jeweils eigenen Bereich einsparen müssen. Zudem hätte das gesamte Ausgabenplus unter dem Wirtschaftswachstum liegen müssen. Stattdessen soll nun nur die neu im Grundgesetz verankerte Schuldenregel als Obergrenze für die künftigen Staatsausgaben gelten.

Union und Liberale gehen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung davon aus, dass die Wirtschaft 2009 entgegen der bisherigen Annahmen nur um fünf statt um sechs Prozent schrumpfen und 2010 um 1,25 statt um 0,5 Prozent wachsen wird. Wie das neue Zahlentableau der Unterhändler zeigt, ergibt sich für die gesamte Wahlperiode aber immer noch eine Neuverschuldung von 264 Milliarden Euro. Davon müssen wegen der neuen Schuldenbremse mindestens 29 Milliarden Euro eingespart werden. 2010 soll die Nettokreditaufnahme nach dem jetzigen Szenario bei 76 statt wie bislang von der großen Koalition angenommen bei 86 Milliarden Euro liegen.

Bei den Finanz- und Haushaltspolitikern herrschte nach SZ-Informationen Fassungslosigkeit über die Ausgabenwünsche, die sich bereits in den ersten Tagen aufgetürmt hätten. Vielerorts sei die neue Schuldenregel in den Köpfen noch nicht angekommen, hieß es. Vor allem die Finanzpolitiker der FDP wollen die Ausgabenwünsche der einzelnen Fachbereiche so knapp wie möglich halten, damit wenigstens ein kleiner Spielraum für Steuersenkungen bleibt. Eine große Steuerreform erwarten inzwischen auch die Liberalen nicht mehr.

Deshalb dürfte es vorerst bei einer stufenweisen Anhebung von Kinderfreibetrag und Kindergeld, günstigeren Erbschaftsteuersätzen für Verwandte sowie mittelstandsfreundlichen Korrekturen an der Unternehmensteuerreform bleiben. Im Bereich der Wirtschaftspolitik will vor allem die FDP die Genehmigungspflicht für die Beteiligung ausländischer Investoren an deutschen Unternehmen in eine Meldepflicht umwandeln und die Privatisierung der Bahn wieder anpeilen.

Die Arbeits- und Sozialpolitiker einigten sich auf eine Erhöhung des Schonvermögens für Hartz-IV-Empfänger. Statt wie bisher 250 Euro pro Lebensjahr sollen Betroffene künftig zwischen 700 und 750 Euro behalten können. Im Bereich der Innen- und Rechtspolitik wollen Union und Freidemokraten Deutsch als Sprache ebenso in der Verfassung verankern wie die Kultur als Staatsziel.

Die Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel ist dagegen vom Tisch. In diesem Punkt seien sich Union und FDP in den Verhandlungen sofort einig gewesen, hieß es von Teilnehmern der Arbeitsgruppe Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Für eine solche Kennzeichnung mit den Farben Rot, Gelb und Grün hatten sich Verbraucherschützer eingesetzt.

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