Schwarz-Gelb:Steuererhöhung ist die neue Steuersenkung

Schwarz-Gelb hat Steuersenkungen versprochen und so die Wahl gewonnnen. Da das nun nicht klappt, orientieren sich die Koalitionäre einfach in die andere Richtung und denken laut über Steuererhöhungen nach.

Steuersenkung war gestern. Auch der gelbe Teil der Berliner Koalition hat nach dem Wahldebakel in Nordrhein-Westfalen erkannt, dass die Bürger angesichts von Rekordverschuldung und Euro-Krise andere Prioritäten haben. Im schwarzen Teil reifte die Erkenntnis schon deutlich länger.

Bundestag

Schwere Zeiten für Kanzlerin Angela Merkel und ihren Vize, FDP-Chef Guido Westerwelle: 78 Prozent der Bundesbürger sind einer aktuellen Umfrage zufolge unzufrieden mit der Arbeit von Schwarz-Gelb.

(Foto: ag.ddp)

Nun, da die Haushaltsberatungen vor der Tür stehen, denken die Koalitionäre laut über die Möglichkeit von Steuererhöhungen nach. Das Handelsblatt zitiert einen Regierungsvertreter mit den Worten: "Es geht nicht um die Einführung einer neuen Steuer, wie die Vermögensteuer, aber sehr wohl um die zusätzliche Belastung einer überschaubaren Gruppe von Steuerzahlern". Einen solchen Schritt halte man selbst in der Spitze der FDP für nicht ausgeschlossen, heiße es in Koalitionskreisen.

Auch die stellvertretende Regierungssprecherin Sabine Heimbach ließ die Frage nach Steuererhöhungen am Freitag offen und verwies auf die die Haushaltsklausur der Bundesregierung Ende kommender Woche. "Das Ganze wird in einem Gesamtzusammenhang stehen", sagte Heimbach.

Die Opposition dürfte in diesem Punkt weitgehend bei der Regierung sein: Der Staat brauche Grundeinnahmen, um die von den Bürgern gewünschten Leistungen und die in der Krise gestiegenen Sozialhilfen bezahlen zu können, betonte Berlins Regierender Bürgermeister und SPD-Vize Klaus Wowereit am Donnerstagabend im ZDF. "Wenn der Bürger Leistungen haben will, dann muss er sie auch bezahlen. Dann müssen wir Steuern erhöhen", so Wowereit.

In der Koalition sind die Pläne allerdings noch umstritten. CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich sagte dem Handelsblatt: "Ich bin absolut gegen Steuererhöhungen. Die Leute halten uns doch sonst für komplett verrückt, nachdem wir das ganze letzte Jahr für Steuersenkungen eingetreten sind."

FDP-General fordert Mietpauschale für Hartz-IV-Empfänger

Union und FDP wollen in der kommenden Woche Sparpläne ausarbeiten. Ein Gesamtpaket zur Haushaltskonsolidierung soll dann auf der Klausurtagung am 6. und 7. Juni verabschiedet werden.

Christian Lindner beackert zur Vorbereitung der Verhandlungen weiter das Feld, das Parteichef Guido Westerwelle zu Beginn des Jahres schon umgepflügt hat: Der FDP-Generalsekretär schlägt eine Kürzung der Hartz-IV-Leistungen vor.

Schwarz-Gelb im Umfragetief

"Hartz-IV-Empfänger sollen künftig eine Mietpauschale erhalten. Sie soll sich am örtlichen Mietniveau orientieren", sagte Lindner der Bild-Zeitung. Damit würde sich die Sozialleistung nicht mehr nach der konkreten Miethöhe richten. Gegenwärtig werden die tatsächlichen Kosten erstattet.

Lindner sagte, die Pauschale könnte die Kommunen von Bürokratie entlasten. Der Städte- und Gemeindebund schätzt die möglichen Einsparungen auf einen "dreistelligen Millionenbetrag".

Zugleich lehnt Lindner das von der CSU geforderte Betreuungsgeld ab, womit nach den Plänen des Koalitionspartners Eltern unterstützt werden sollen, die für die Erziehung ihrer Kinder zu Hause bleiben. "Angesichts der Haushaltslage müssen Sozialleistungen für einige Zeit auf dem heutigen Niveau eingefroren werden. Neue wie das geplante Betreuungsgeld können wir erst einmal nicht einführen", sagte der FDP-Generalsekretär.

78 Prozent der Bürger sind unzufrieden mit der Koalition

Zudem fordert der neue starke Mann in der FDP eine Überprüfung aller Arbeitsmarkprogramme der Bundesagentur für Arbeit. "Die erfolgreichen bleiben. Die unwirksamen wollen wir streichen, denn sie sind Beschäftigungstherapie und kosten den Steuerzahler Milliarden."

Der Schwenk in der Steuerpolitik folgt immer weiter fallenden Werten der Koalition in Umfragen. Im aktuellen ARD-"Deutschlandtrend" zeigte sich nur noch jeder fünfte Befragte (20 Prozent) mit der Arbeit von Schwarz-Gelb zufrieden. Dies sind 6 Punkte weniger als noch im April, wie die am Donnerstag veröffentlichte Umfrage von Infratest dimap ergab.

78 Prozent der Bundesbürger sind demnach unzufrieden mit der Arbeit von Schwarz-Gelb - 5 Prozentpunkte mehr als im Vormonat. So negativ wurde eine Bundesregierung zuletzt im November 2006 bewertet. In der Sonntagsfrage hat die Union im Vergleich zum April 2 Punkte verloren und kommt auf 33 Prozent. Die SPD würde der Umfrage zufolge mit 27 Prozent einen Zähler dazugewinnen, wenn am Sonntag tatsächlich ein neuer Bundestag gewählt würde. Die FDP hat einen Punkt verloren und kommt auf 7 Prozent. Die Grünen liegen unverändert bei 16 Prozent. Die Linke legt um einen Punkt zu und kommt auf 11 Prozent.

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