Schwarz-Gelb:Ausgekochte Klientelpolitik

Das Schonvermögen für Hartz IV-Empfänger zu erhöhen ist überfällig. Das macht aber aus Union und FDP noch lange keine Koalition der sozialen Wärme.

Thorsten Denkler

Image, das ist etwas ganz Wichtiges in der Politik. Die schwarz-gelbe Regierung hat eines, bevor sie überhaupt im Amt ist. Viele Menschen verbinden mit der Konstellation aus CDU, CSU und FDP soziale Kälte. Motto: Alles für die Unternehmen und die sogenannte Mittelschicht. Nichts für die kleinen Leute. Das ist das Bild.

Da wird es manche überraschen, wenn ausgerechnet diese Koalition als erstes eine Anhebung des Schonvermögens für Hartz-IV-Empfänger verkündet. Ja, ist denn die Merkel doch Sozialdemokratin? Ja, ist denn die FDP doch eine Sozialstaatspartei, wie der Westerwelle immer behauptet?

Lächerlich niedrige Grenzen

Keine Sorge, nichts hat sich geändert. Die Koalitionäre haben nur das gefunden, was gemeinhin als Win-Win-Situation beschrieben wird. Das Schonvermögen anzuheben ist dafür fast eine lehrbuchmäßige Grundlage um Wähler zu beruhigen und gleichzeitig etwas für die Wirtschaft zu tun. Klientelpolitik in seiner ausgekochtesten Form.

Das Schonvermögen darf nicht auf Hartz IV angerechnet werden. Bisher sind die Grenzen für die private Altervorsorge jedoch lächerlich niedrig. Ein 65-Jähriger darf etwa aus einer Lebensversicherung 17.000 Euro behalten. Alles was darüber hinaus geht, muss er erst aufbrauchen, bevor er Hartz IV beantragen kann. Wenn der 85 Jahre alt wird, sind das 70 Euro im Monat.

Schwarz-Gelb will den Betrag jetzt verdreifachen. Das ist gut so, natürlich. Aber es ist eine vergleichbar kleine Stellschraube im System. Lediglich 0,5 Prozent aller Anträge auf Hartz IV werden abgelehnt, weil das Vermögen des Antragstellers zu hoch ist. Im Klartext: Profitieren werde von der Regel nur einige wenige. Wer schon Hartz IV bekommt, hat davon rein gar nichts.

Dafür aber gibt es einen schönen psychologischen Effekt. Vor allem die Mittelschicht hat zunehmend Angst vor dem sozialen Abstieg. Niemand will jahrzehntelang gearbeitet haben, um nach einem Jahr Arbeitslosigkeit mit Hartz IV automatisch in die Altersarmut katapultiert zu werden.

Unangetastete Rente

Die Angst ist in den allermeisten Fällen unbegründet. Die gesetzliche Rente bleibt ohnehin unangetastet, die Zusatzvorsorge über eine Riesterförderung auch. Es geht allein um die private Zusatzabsicherung etwa über eine private Lebensversicherung.

Darum findet auch die Versicherungswirtschaft gefallen an einer Anhebung des Schonvermögens. Es macht die Lebensversicherung wieder attraktiv. Die Anhebung des Schonvermögens kostet den Staat gerade mal 300 Millionen Euro. Bei den Lebensversicherungen geht es um mehr. Um viel mehr. Nach jüngsten Zahlen haben die Deutschen gut 700 Milliarden Euro in Lebensversicherungen angelegt.

Kein Wunder, dass die Versicherungswirtschaft alles macht, um diesen Markt stabil zu halten. Die Angst wegen Hartz IV seine Lebensversicherung auflösen zu müssen, fördert nicht gerade den Absatz solcher Policen. Die FDP, die wo es geht versucht die private Vericherungwirtschaft zu stärken, hilft da offenbar gerne. Sie hat sich im Gegensatz zur Union schon im Wahlprogramm sehr konkrete Gedanken über das Schonvermögen gemacht.

Und so kann Schwarz-Gelb vordergründig mit einer Regelung punkten, von der kaum einer etwas hat, die kaum etwas kostet, die aber alle gut finden und vor allem der Wirtschaft hilft. Nur eines sollte man wissen: Das soziale Herz mag schlagen wo es will. Bei Union und FDP jedenfalls pocht es nicht.

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