Abtreibungen sollten bereits in der Frühphase einer Schwangerschaft legalisiert werden, fordern 15 Bundesländer, deren Vertreter sich in den vergangenen Tagen in Ludwigsburg im Rahmen der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister (GFMK) in Ludwigsburg getroffen haben. Aus dem Entschließungsantrag, der der SZ vorliegt, geht hervor, dass sich bis auf Bayern alle Länder für eine Neuregelung des Abtreibungsgesetzes aussprechen.
Bislang ist die Rechtslage in Deutschland so, dass ein Schwangerschaftsabbruch nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuches grundsätzlich verboten ist. Nur in bestimmten Fällen bleibt er straffrei – etwa wenn er innerhalb der ersten zwölf Wochen und nach einer Beratung in einer staatlich anerkannten Stelle erfolgt. Straffrei ist ein Abbruch auch nach einer Vergewaltigung oder wenn medizinische Gründe vorliegen.
Grundlage ist der Bericht einer Expertenkommission der Bundesregierung
Mitte April hatte eine von der Bundesregierung beauftragte Expertenkommission ihren Bericht zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin vorgelegt. Die 18 unabhängigen Expertinnen und Experten waren zu dem Schluss gekommen, dass das Verbot im Strafgesetzbuch einer „verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung“ nicht standhalte, und empfahlen, Abtreibungen in der sogenannten Frühphase zu legalisieren.
Die Politik reagierte anfänglich reserviert auf den Vorschlag. Anders nun die für Gleichstellung zuständigen Landesministerinnen und Senatorinnen: Ausgehend von den Empfehlungen der Kommission, aber auch von veränderten gesellschaftlichen Anschauungen und der Wertschätzung der persönlichen Freiheit, Selbstbestimmung und Persönlichkeitsentfaltung der Frauen spricht sich die GFMK nun für eine Neuregelung aus – insbesondere für den Schwangerschaftsabbruch in der Frühphase.
„Diese höchstpersönliche Entscheidung betrifft vor allem den Kernbereich der persönlichen Freiheit und Selbstbestimmung sowie der Persönlichkeitsentfaltung einer Frau“, heißt es in dem sechsseitigen Papier.
Es geht um eine Entkriminalisierung der Abtreibung in den ersten drei Monaten
In ihrem Antrag fordern die 15 Bundesländer jetzt den Bundestag und die Bundesregierung auf, in einem ersten Schritt einen Regelungskatalog und Regelungsvorschläge für eine Fristenlösung in den ersten zwölf Wochen außerhalb des Strafrechts vorzulegen.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), die selbst in Ludwigsburg anwesend war, nimmt den Auftrag offenbar an. In einer Pressemitteilung erklärte sie, die Bundesregierung werde sich über das weitere Vorgehen verständigen. „Die Gleichstellungsministerinnen haben mit dem Entschließungsantrag zum Thema Schwangerschaftsabbruch zum Ausdruck gebracht, dass sie hinter dem Selbstbestimmungsrecht der Frau stehen und eine Entkriminalisierung in den ersten drei Monaten für überfällig halten.“
Auch die Empfehlungen der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin legten Paus zufolge nahe, die Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruches für diesen Zeitraum abzuschaffen.