Schutzsuchende:Orbán gegen die EU: Referendum über Flüchtlingspolitik im Oktober

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Szene in einem inoffiziellen Flüchtlingslager im serbischen Horgoš an der Grenze zu Ungarn. (Foto: AP)
  • Am 2. Oktober soll in Ungarn ein Referendum über die von der EU beschlossene Verteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedsstaaten stattfinden.
  • Ungarn will Menschen ohne Einreiseerlaubnis künftig sofort in eine "Transitzone" bringen, wo sie Asylanträge stellen können.
  • Das käme einer Abschiebung ohne ordentliches Verfahren gleich.
  • In Deutschland sind im Juni nur noch 4900 Migranten angekommen.

Die rechtskonservative Regierung Ungarns hat nicht nur Zäune gebaut, um das Land von Flüchtlingen abzuschirmen. Sie will zudem die von der EU beschlossene Verteilung von Schutzsuchenden auf die Mitgliedsstaaten nicht akzeptieren und hat dazu eine Volksbefragung angesetzt. Wie Präsident János Áder am Dienstag in Budapest bekanntgab, soll das Referendum am 2. Oktober stattfinden.

Die Frage, die Regierungschef Viktor Orbán seinen Landsleuten vorlegen will, lautet: "Wollen Sie, dass die Europäische Union auch ohne Zustimmung des (ungarischen) Parlaments die Einwanderung nichtungarischer Staatsbürger nach Ungarn vorschreiben kann?" Die Bürger können darauf dann mit "Ja" oder "Nein" antworten.

Orbán lehnt Zuwanderung strikt ab und wirbt offen für ein Nein als Zeichen für "Ungarns Unabhängigkeit". Nach der Slowakei hatte im Dezember auch Ungarn eine Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht.

Dem EU-Beschluss zufolge sollen innerhalb von zwei Jahren 160 000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien auf die EU-Staaten verteilt werden.

Die Opposition hat bereits zuvor einen Boykott eines möglichen Referendums angekündigt.

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Von Alexandra Rojkov

Budapest will Flüchtlinge offenbar ohne Verfahren abschieben

Die Abschottungspolitik des Landes gegenüber Flüchtlingen zeigt sich aktuell auch an anderer Stelle. Ungarn will offenbar Flüchtlinge, die auf der Balkanroute ins Land kommen, ohne Verfahren zurück nach Serbien oder Kroatien bringen. Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Schon von Dienstag an sollten Menschen, die nach einem unerlaubten Grenzübertritt innerhalb von acht Kilometern hinter der Grenze in Ungarn aufgegriffen werden, zur Grenze zurückgebracht werden. Dort solle ihnen der Weg zur nächsten "Transitzone" gezeigt werden, sagte György Bakondi, Sicherheitsberater des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Das ungarische Parlament habe dieses Vorgehen genehmigt.

Die "Transitzonen" liegen jenseits der ungarischen Grenzzäune und damit nach ungarischer Auffassung nicht auf ungarischem Staatsgebiet. Dort können Flüchtlinge Asylanträge stellen. Werden ohne Erlaubnis eingereiste Flüchtlinge aufgegriffen, müssten sie nach dem seit Sommer 2015 geltenden Gesetz in Ungarn wegen Grenzverletzung vor Gericht kommen. Bisher geschah dies nach Angaben von Bakondi in 4942 Fällen. In der Regel werden sie zur Abschiebung nach Serbien oder Kroatien verurteilt. Dies wird jedoch kaum umgesetzt, weil diese Nachbarländer die Flüchtlinge fast nie zurücknehmen.

Seit Anfang dieses Jahres habe Ungarn 17 351 illegal eingereiste Menschen aufgegriffen, sagte Bakondi. Im gesamten Jahr 2015 seien es etwa 391 000 gewesen. 330 Flüchtlinge befänden sich in Haft. Von insgesamt etwa 199 000 Asylanträgen habe Ungarn 264 genehmigt.

Zahl der in Deutschland Angekommenen liegt bei weniger als 5000

Die Zahl der in Deutschland ankommenden Migranten hat sich im Juni mit etwa 4900 auf ähnlichem Niveau wie in den Vormonaten bewegt.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es unter Bezug auf einen Bericht der "Rheinischen Post", die Zahl der in Deutschland ankommenden Migranten sei von Mai auf Juni stark gesunken. Dies hat sich inzwischen als falsch herausgestellt, die Zahl ist konstant.

© SZ.de/AFP/dpa/Reuters/ewid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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