OECD-Studie "Bildung auf einen Blick":Nur in Luxemburg verdienen Lehrkräfte mehr als in Deutschland

OECD-Studie "Bildung auf einen Blick": Verdienen gut, investieren viel Zeit - vor allem in Verwaltungsaufgaben: Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland.

Verdienen gut, investieren viel Zeit - vor allem in Verwaltungsaufgaben: Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland.

(Foto: Imago)

Warum fehlen in Deutschland so viele Lehrerinnen und Lehrer? Eine OECD-Studie zeigt nun zumindest, woran es nicht liegt: an der Bezahlung.

Von Paul Munzinger

Lehrerinnen und Lehrer verdienen fast nirgendwo so gut wie in Deutschland. Das geht aus der Studie "Bildung auf einen Blick" der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Vergleicht man die 38 OECD-Mitgliedstaaten, dann werden Lehrerinnen und Lehrer etwa im Sekundarbereich I - also zum Beispiel im Gymnasium oder der Realschule - demnach nur in Luxemburg besser bezahlt als in Deutschland.

Im Durchschnitt verdienen diese Lehrkräfte hierzulande fast 90 000 US-Dollar im Jahr, im OECD-Schnitt sind es nur rund 50 000 Dollar. Gleichzeitig müssen Lehrkräfte in Deutschland vergleichsweise wenig unterrichten: Pro Jahr sind es im Mittel 641 Stunden, gegenüber 711 Stunden im OECD-Schnitt.

Die Diskussion über den Lehrermangel und seine Ursachen dürften diese Ergebnisse weiter anfachen. Denn sie legen erstens nahe, dass der Verdienst für die Attraktivität des Lehrberufs eine kleinere Rolle spielt als gemeinhin angenommen. "Die Bezahlung der Lehrkräfte erklärt relativ wenig", sagte Andreas Schleicher, Bildungsdirektor der OECD, bei der Vorstellung der Studie am Montag in Berlin.

In Finnland etwa verdienten Lehrkräfte "deutlich mäßiger", trotzdem kämen auf eine Stelle acht Bewerber, so Schleicher. Er verwies unter anderem darauf, dass die Gehaltsstruktur in Deutschland vergleichsweise flach sei. Weder Qualifikation noch Leistung hätten wesentlichen Einfluss auf das Lehrergehalt, was im Umkehrschluss bedeutet: Es gibt nur wenige Aufstiegschancen.

Viele Arbeitsstunden gehen für Bürokratie drauf

Zweitens zeigen die Ergebnisse, dass Lehrkräfte in Deutschland besonders viel mit Dingen beschäftigt sind, die nichts mit Unterricht zu tun haben, etwa mit Bürokratie. Denn obwohl sie vergleichsweise wenig vor der Klasse stehen, arbeiten sie überdurchschnittlich viel. Pro Jahr sind es rund 1800 Stunden, nur in der Schweiz sind es mehr. "Lehrkräfte fühlen sich sehr stark belastet durch Dinge, die außerhalb des Unterrichts stattfinden", sagte Karin Prien (CDU), Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und Präsidentin der Kultusministerkonferenz. Sie nannte zudem fehlende Anerkennung des Lehrberufs als Problem: "Sie lesen ja in keiner Zeitung etwas Positives über die wichtige und zum Teil extrem anstrengende Aufgabe der Lehrkräfte", so Prien.

Zwei weitere wichtige Ergebnisse der OECD-Studie: Einerseits erreichen immer mehr Menschen in Deutschland einen höheren Abschluss. Der Anteil der 25- bis 34-Jährigen mit einem sogenannten Tertiärabschluss, also etwa einem Universitäts- oder höherwertigen Berufsbildungsabschluss, stieg von 22 Prozent im Jahr 2000 auf 36 Prozent im Jahr 2021. Im OECD-Vergleich ist das immer noch wenig, was an der starken Stellung der dualen Ausbildung in Deutschland liegt.

Andererseits gibt es am unteren Ende der Bildungsskala eine Gruppe, die dieser Trend zum höheren Abschluss nicht erreicht - und sie ist in Deutschland anders als im OECD-Durchschnitt sogar gewachsen. Die Quote der jungen Menschen, die höchstens einen Abschluss der Sekundarstufe 1 schaffen - etwa einen Hauptschulabschluss - stieg von 13 Prozent im Jahr 2011 auf 14 Prozent zehn Jahre später.

Anmerkung der Redaktion: Wie im Text zitiert, gibt die OECD-Studie das jährliche Durchschnittsgehalt von Lehrerinnen und Lehrern im Sekundarbereich I in Deutschland mit knapp 90 000 Dollar an (genau sind es 89 721,57 US-Dollar, siehe S. 421, Abb. D 3.2). Ohne Erläuterung ist diese Zahl allerdings irreführend, wie viele Leserinnen und Leser zu Recht anmerkten. Knapp 90 000 Dollar entsprächen nach aktuellem Wechselkurs nämlich knapp 90 000 Euro - was deutlich mehr ist als das durchschnittliche Gehalt einer Lehrkraft im Sekundarbereich I in Deutschland. Laut OECD lag es 2021 bei 69 779 Euro. Um die Gehälter in verschiedenen Ländern vergleichen zu können, rechnet die OECD sie aus der jeweiligen Landeswährung in US-Dollar um - und zwar mit sogenannten kaufkraftbereinigten Wechselkursen. Die Kaufkraft eines Euro in Deutschland habe 2021, im Jahr der Datenerhebung, ungefähr der Kaufkraft von 1,28 US-Dollar in den USA entsprochen. Multipliziert man 69 779 Euro mit diesem Faktor, kommt man auf knapp 90 000 US-Dollar.

Zur SZ-Startseite

Lehrermangel in der Schweiz
:Unterrichten? Geht zur Not auch ohne Abitur

Wie Deutschland leidet die Schweiz unter Lehrermangel. Doch um Unterrichtsausfall zu vermeiden, gehen einige Kantone viel weiter als die Bundesländer - und werben auch in Deutschland um Personal.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: