Schule:Offline im Unterricht

Das Handyverbot an Frankreichs Schulen findet in Deutschland wenig Beifall. Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe hält die pauschale Verbannung von Handys aus der Schule schlicht für "Quatsch". Sein französischer Kollege findet sie dagegen zeitgemäß.

Von Paul Munzinger, AFP, dpa, Paris

Das französische Parlament hat ein gesetzliches Handyverbot an Frankreichs Schulen beschlossen. Liberale und Abgeordnete der Regierungspartei La République en Marche stimmten am Montag in letzter Lesung in der Nationalversammlung für die Regelung, während Vertreter linker und konservativer Parteien sich enthielten. Die Initiative war ein Wahlkampfversprechen von Präsident Emmanuel Macron gewesen. Die Opposition sieht darin keine geeignete Lösung.

Das Handyverbot wird an Vorschulen, Grundschulen und weiterführenden Schulen gelten. Es betrifft Kinder und Schüler im Alter von drei bis 15 Jahren. Französische Gymnasien (Lycées) haben die Möglichkeit, ebenfalls ein Handyverbot einzuführen, sind aber nicht dazu verpflichtet. Die Regelung sieht ein Komplettverbot internetfähiger Geräte wie Handys, Tablets und Smartwatches vor. Ausnahmen gibt es für den Gebrauch für den Unterricht selbst sowie für Kinder mit einer Behinderung.

Bereits seit 2010 verbietet in Frankreich ein Gesetz die Handynutzung im Unterricht. Bildungsminister Jean-Michel Blanquer hielt die bisherige Regelung jedoch für wenig effektiv. Das neue Gesetz befördere Frankreich "ins 21. Jahrhundert", sagte er. "Es sendet eine Botschaft an die französische Gesellschaft" und andere Länder.

Handys in der Schule zu nutzen, könne manchmal sinnvoll sein, sagt Bildungsministerin Karliczek

In Deutschland hat das Handyverbot in Frankreich eher Ablehnung hervorgerufen. Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagte, sie sehe für eine zentrale Vorschrift für alle Berliner Schulen "derzeit keinen Anlass". Diese könnten die Handynutzung "gut in eigener Verantwortung regeln". Ähnlich äußerte sich Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU). "Es muss klare Regeln geben, aber so eine zentralstaatliche Vorgabe ist uns fremd." Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) sagte, das pauschale Verbot in Frankreich sei "Quatsch". Den Umgang mit digitalen Medien könnten Schüler nur lernen, wenn die Schule das Thema aufgreife. Der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft VBE, Udo Beckmann, sprach von einer "Scheinlösung".

Als einziges Bundesland regelt Bayern per Gesetz, dass Handys auf dem Schulgelände ausgeschaltet sein müssen. Nach einem Treffen mit Lehrern, Eltern und Schülern Anfang Juni kündigte das bayerische Kultusministerium allerdings an, den Paragrafen zu überprüfen. Das Ministerium betonte zugleich, dass das Gesetz Ausnahmen zulasse. Zu Unterrichtszwecken würden Smartphones bereits breit eingesetzt.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte vor einigen Tagen in einem Interview mit der Zeitschrift Super Illu gesagt, sie habe früher an der Schule ihrer Kinder dafür plädiert, dass Handys nicht benutzt werden dürfen. Inzwischen sei sie der Meinung, "dass die Nutzung von Handys in manchen Situationen auch sinnvoll sein kann".

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