Schuldenkrise in Europa:Koalition streitet weiter über Griechenland-Insolvenz

Lesezeit: 2 min

Ein Ende der Diskussion ist nicht in Sicht: Vertreter von Union und FDP fordern weiterhin, über eine geordnete Insolvenz Griechenlands nachzudenken. Außerdem soll dem Land ein Ausscheiden aus der Eurozone können. Andere warnen davor, diesen Konflikt in der Öffentlichkeit auszutragen. Die Opposition spricht von einer "Angstkampagne" und fordert Neuwahlen.

Die schwarz-gelbe Koalition streitet weiter über die Rettungsbemühungen für verschuldete Eurostaaten. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bekräftigte gegenüber der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post seine Forderung, in Krisenfällen auch geordnete Insolvenzen von Staaten zu ermöglichen. "Ein künftiger Stabilitätsmechanismus muss deshalb sowohl die Instrumente für eine Staateninsolvenz regeln als auch die Möglichkeit beinhalten, dass ein überschuldetes Land aus der Eurozone ausscheidet und sich außerhalb der Eurozone saniert", sagte er.

Auch FDP-Präsidiumsmitglied Patrick Döring unterstrich in derselben Zeitung, dass eine Insolvenz Griechenlands möglich sein müsse. Nicht der Staat, sondern die "Verantwortlichen und Nutznießer" müssten die Risiken tragen, sagte er. Eine Insolvenzoption sei einst die gemeinsame Forderung der bürgerlichen Parteien gewesen. "Es wird Zeit, dass die Union sich dessen besinnt", sagte Döring.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, sagte, auch ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone dürfe kein Tabu sein. "Wer für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands verantwortlich ist, braucht Weitsicht und muss deshalb auch verschiedene Denkansätze prüfen dürfen, ohne dass dieser Prozess sofort Gegenstand öffentlicher Debatten wird", sagte Müller dem Hamburger Abendblatt.

Die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, mahnte hingegen zur Ruhe. "Mir wäre es lieber, wenn wir uns an das halten, was jetzt zu entscheiden ist", sagte sie am Donnerstagabend in Dachau. Es solle nun nicht über etwas spekuliert werden, "was nur zusätzlich verunsichert". Die jüngsten Äußerungen aus der FDP seien "nicht allzu hilfreich", sagte Hasselfeldt.

Wirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler hatte in einem Zeitungsartikel eine "geordnete Insolvenz" Griechenlands ins Spiel gebracht und trotz teils scharfer Kritik mehrfach verteidigt. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle kritisierte, wie die Union daraufhin mit Rösler umgegangen war. Er halte "die Art und Weise", wie der Koalitionspartner mit "dem FDP-Vorsitzenden bei dieser Frage umgeht, auch nicht für ganz in Ordnung", sagte Brüderle im Deutschlandfunk. Schließlich habe auch Kanzlerin Merkel schon ähnliche Gedanken zur Lage Griechenland geäußert.

Auch Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) forderte Zurückhaltung in der Debatte. Die Märkte seien hypernervös, sagte sie der Passauer Neuen Presse. "In dieser angespannten Situation kann jedes unbedachte Wort zu unkalkulierbaren Reaktionen führen." Die Konsequenz aus der Schuldenkrise einiger Euro-Staaten sei ein harter und kompromissloser Sparkurs.

Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Otto Fricke, forderte die Union in der Bild-Zeitung zur Kursbestimmung auf. Es sei wichtig, "dass sich CDU und CSU die Frage beantworten, was passiert, wenn Griechenland die Auflagen nicht erfüllt", sagte er. Dies gehöre zur politischen Glaubwürdigkeit.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf der FDP und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler im Besonderen eine "Angstkampagne" um den Euro vor. Hauptsorge Röslers seien weder der Euro noch die Menschen. "Er hat nur ein Ziel: Die FDP in Berlin über fünf Prozent zu bringen", sagte Steinmeier der WAZ-Mediengruppe. Dass Rösler und Kanzlerin Merkel in dieser Kernfrage mit unterschiedlichen Botschaften an die Öffentlichkeit gingen, sei "ein Stück aus dem Tollhaus".

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sprach sich angesichts der Auseinandersetzungen zwischen Rösler und Merkel für Neuwahlen aus. "Vor diesem Hintergrund kann ich nur sagen, entweder die berappeln sich und fangen endlich mal wieder an zu regieren. Oder aber die geben das Mandat zurück und die Wähler entscheiden wieder", sagte Nahles im RBB-Inforadio.

© dpa/dapd/liv - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: