Schuldenkrise:EU-Finanzminister lassen Griechenland zappeln

Bis in die Nacht hinein haben die Euro-Finanzminister in Luxemburg beraten - doch das hochverschuldete Griechenland muss weiter zittern: Über neue Milliardenhilfen wollen die Finanzchefs erst entscheiden, wenn das griechische Parlament seine Sparzusagen beschlossen hat. In Athen gehen erneut Tausende gegen den drastischen Sparkurs der Regierung auf die Straße.

In stundenlangen Krisenberatungen zu Griechenland haben sich die Euro-Finanzminister auf einen ersten Schritt zur Rettung des hochverschuldeten Landes verständigt. An weiteren Milliardenhilfen sollten sich private Gläubiger "freiwillig" beteiligen, erklärten die Euro-Finanzminister am frühen Montagmorgen in Luxemburg. Eine Entscheidung über die Freigabe einer fälligen Kreditrate wurde zunächst verschoben.

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Proteste in Griechenland: Während die Euro-Finanzminister beraten, demonstrieren in Griechenland erneut Tausende Menschen gegen die Sparmaßnahmen ihrer Regierung.

(Foto: AFP)

"Wir haben uns darauf verständigt, dass es eine freiwillige Privatgläubiger-Beteiligung geben soll", sagte Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker nach Beratungen über ein zweites Hilfspaket. Er betonte den freiwilligen Charakter: "Es darf keinerlei Druck auf den Privatsektor ausgeübt werden." In der Erklärung der Euro-Finanzminister wird die Möglichkeit genannt, dass Gläubiger nach Ablauf ihrer Staatsanleihen neue Bonds der griechischen Regierung kaufen. Über das genaue Vorgehen herrscht noch keine Klarheit. Darüber soll Juncker zufolge Anfang Juli beraten werden.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zunächst eine verpflichtendere Form der Beteiligung privater Gläubiger wie Banken und Versicherungen gefordert. Demnach sollten die Laufzeiten griechischer Staatsanleihen um sieben Jahre verlängert werden. Der Vorschlag war aber besonders auf den Widerstand der Europäischen Zentralbank (EZB) gestoßen, die ernsthafte Unruhen an den Finanzmärkten befürchtete.

Auf den dringend benötigten nächsten Kredit von zwölf Milliarden Euro lassen die Euro-Länder Griechenland vorerst warten. Die Regierung in Athen kommt nach einem Beschluss der Euro-Finanzminister nur an das Geld heran, wenn die versprochenen Spar- und Reformzusagen auch im Parlament beschlossen werden. Damit die nächste Tranche bis Mitte Juli fließen könne, müssten außerdem noch die Verhandlungen Griechenlands über die Auflagen der Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF abgeschlossen werden. EU-Währungskommissar Olli Rehn konnte damit nicht durchsetzen, schon bei diesem Sondertreffen die nächste Tranche aus dem 110-Milliarden-Euro-Hilfspaket freizugeben.

Euro-Gruppenchef Juncker sagte, Anfang Juli werde bei einer erneuten Sondersitzung der Finanzminister geprüft, ob Griechenland allen Verpflichtungen nachgekommen sei. Bis dann sollen außerdem die wichtigsten Elemente für ein zweites Hilfspaket festgelegt werden. "Erst muss Griechenland die Bedingungen erfüllen, dann kann man ein neues Programm so beschließen, dass die Auszahlung der Tranche möglich ist", erklärte Finanzminister Schäuble im Deutschlandfunk. "Wenn die Griechen die notwendigen Entscheidungen nicht treffen wollen oder nicht treffen können, kann dieser Weg nicht gegangen werden."

Erneute Proteste in Griechenland

Griechenland hatte bereits vergangenes Jahr Notkredite von Euro-Ländern und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von insgesamt 110 Milliarden Euro gewährt bekommen. Inzwischen ist klar, dass die Regierung in Athen weitere Hilfen in etwa dieser Höhe benötigt, um einen Staatsbankrott abzuwenden.

Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou will am Dienstag das neue Sparpaket im Parlament zur Abstimmung stellen, das Voraussetzung für die Überweisung der Kreditrate ist. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder kommen ab Donnerstag in Brüssel zusammen, um über Griechenland zu beraten.

Die Euro-Finanzminister riefen Regierung und Opposition in Griechenland auf, an einem Strang zu ziehen: "Angesichts der Länge, des Ausmaßes und der Beschaffenheit der notwendigen Reformen in Griechenland ist nationale Einheit eine Grundvoraussetzung für Erfolg." Die Minister erklärten, ihnen seien "die ernsthaften Herausforderungen bewusst, vor denen die Griechen in diesen schwierigen Zeiten stehen"

In Athen hatten am Sonntag erneut Tausende Menschen gegen die Sparpolitik der Regierung protestiert. Nach Polizeiangaben versammelten sich am Abend knapp 5000 Menschen auf dem am Parlament gelegenen Syntagma-Platz. Sie riefen "Diebe" und schwenkten griechische Fahnen. Auch in anderen griechischen Städten wie Thessaloniki und Sparta demonstrierten Hunderte Menschen.

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