Bundesfinanzen:138,9 Milliarden Euro neue Schulden

Bundesfinanzen: Das Neun-Euro-Monatsticket für den öffentlichen Nahverkehr wird den Bund 2,5 Milliarden Euro kosten - ein Teil der zusätzlichen Schulden.

Das Neun-Euro-Monatsticket für den öffentlichen Nahverkehr wird den Bund 2,5 Milliarden Euro kosten - ein Teil der zusätzlichen Schulden.

(Foto: Marcus Führer/dpa)

Ein imposantes Volumen: Das Bundeskabinett will in dieser Woche Christian Lindners Ergänzungshaushalt beschließen. Und das Sondervermögen für die Bundeswehr ist noch gar nicht mitgerechnet.

Von Henrike Roßbach, Berlin

An diesem Mittwoch soll das Kabinett den geplanten Ergänzungshaushalt von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) beschließen. Ob dieser allerdings mit am Kabinettstisch sitzen kann, war am Montag unklar: Lindner steckte noch in Washington fest, wo er vergangene Woche am Rande des G-20-Finanzministertreffens positiv auf Corona getestet worden war.

Klarer als Lindners Quarantänestatus waren am Montag die Details seines Ergänzungshaushalts: 39,2 Milliarden Euro Schulden wird der Bund dieses Jahr an zusätzlichen aufnehmen - neben der ohnehin geplanten Neuverschuldung von 99,7 Milliarden im normalen Kernhaushalt. Das verlautete aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums. Den Ergänzungshaushalt hatten Lindner und seine Haushaltsexperten schon Mitte März angekündigt. Über dieses selten angewandte Haushaltsvehikel sollen die Kosten des Ukraine-Krieges abgefedert werden, während die sonstigen Haushaltsbefassungen schon starten konnten.

Der Ergänzungshaushalt setzt sich aus Mehrausgaben von 26,3 Milliarden Euro und Mindereinnahmen von 12,9 Milliarden zusammen. Letztere ergeben sich hauptsächlich aus dem zweiten Entlastungspaket, das die Koalitionäre vor gut einem Monat angesichts der hohen Energiepreise beschlossen haben. Dazu zählen die einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro, der Kinderbonus von 100 Euro sowie die Einmalzahlung von 100 Euro für Grundsicherungsempfänger. Auch die niedrigere Energiesteuer auf Benzin und Diesel gehört dazu, genau wie das Neun-Euro-Monatsticket für Bus und Bahn, das den Bund 2,5 Milliarden Euro kostet. Die geplanten zwei Milliarden Euro, mit denen der Bund Länder und Kommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine unterstützt, sind aus Sicht des Bundes ebenfalls eine Mindereinnahme - weil er den Ländern dafür einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer überweist.

Bei den Mehrausgaben wiederum entfallen 1,8 Milliarden Euro auf die Erhöhung der "Ertüchtigungshilfe", die hauptsächlich für militärische Hilfe an die Ukraine gedacht ist. Eine Milliarde kostet es, zusätzliche Gasreserven anzulegen. Hinzu kommen noch Wirtschafts- und Unternehmenshilfen sowie die Übernahme der Ukraine-Flüchtlinge in die Grundsicherung.

Fünf Milliarden für gebeutelte Unternehmen

Auf die Hilfen für Unternehmen, die wegen der gestiegenen Preise und der Russland-Sanktionen in Schwierigkeiten geraten, hatte Lindner sich kürzlich mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geeinigt; sie summieren sich auf rund fünf Milliarden Euro. Dass die Geflüchteten aus der Ukraine gleich Anspruch auf Grundsicherung haben, statt nur auf Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz, kostet den Bund zwei Milliarden Euro. Hinzu kommen noch kleinere Posten, etwa für humanitäre Hilfe im Ausland.

Ein weiterer dicker Brocken dagegen ist eine 13,7 Milliarden Euro schwere "Vorsorge". Damit sollen zum einen Kosten abgedeckt werden, die bereits als über- oder außerplanmäßige Ausgabe im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung genehmigt worden sind, nun aber noch im Haushalt verbucht werden müssen. Zum Anderen ist die Vorsorge als Puffer gedacht für die weitere Entwicklung.

Insgesamt steuert Lindner somit auf eine Neuverschuldung von 138,9 Milliarden Euro zu. Das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro, das dieses Jahr eingerichtet werden soll, ist da noch nicht mit berücksichtigt. Diese Kreditermächtigungen werden nicht auf einen Schlag haushaltswirksam, sondern erst nach und nach in den kommenden Jahren, wenn das Geld in die Rüstungsprojekte fließt.

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