Was Schülerinnen und Schüler können, wird regelmäßig in Vergleichsarbeiten und Bildungsstudien überprüft. Doch wie geht es ihnen in der Schule? Für das Deutsche Schulbarometer wurden dazu im Frühjahr mehr als 1500 Kinder und Jugendliche zwischen acht und 17 Jahren und jeweils ein Elternteil befragt. An diesem Mittwoch stellt die Robert-Bosch-Stiftung die Ergebnisse der repräsentativen Studie vor: Jeder Fünfte fühlt sich in der Schule nicht wohl. 71 Prozent der Befragten kommen auf einen mittleren Wert. Und nur acht Prozent der Schülerinnen und Schüler geht es in der Schule richtig gut.
Schulisches Wohlbefinden gilt in der Bildungsforschung als zentrale Voraussetzung für erfolgreiches Lernen. Es entsteht vor allem dann, wenn sich Schülerinnen und Schüler von ihren Lehrkräften ermutigt und in ihrem Lernprozess begleitet fühlen, zeigt das Schulbarometer. Doch ein nicht unerheblicher Teil der Befragten vermisst diese emotionale und kognitive Unterstützung. 41 Prozent geben an, dass die meisten Lehrkräfte nicht nachfragen, was man schon verstanden hat und was noch nicht. 28 Prozent geben zu Protokoll, dass ihnen keine oder nur wenige Lehrkräfte sagen, wie sie es besser machen können, wenn sie einen Fehler gemacht haben.
Dabei bräuchten Schülerinnen und Schüler regelmäßige Rückmeldungen, sagt Dagmar Wolf, die den Bereich Bildung der Robert-Bosch-Stiftung leitet. „Lehrkräfte sollten ihnen Mut machen, dass sie auch schwierige Aufgaben und Herausforderungen meistern können.“ Sie sieht hier einen wichtigen Hebel, der noch dazu schnell in Bewegung gesetzt werden könnte, um das schulische Wohlbefinden deutlich zu erhöhen. Doch dabei kommt es nicht nur auf den Einsatz der einzelnen Lehrkraft an. Um alle Schüler individuell fördern zu können, brauche es ein neues Verständnis von Unterricht, das den Lernprozess in den Mittelpunkt stellt, so Wolf. Dazu gehörten auch alternative Prüfungsformate.
Schule sollte ein Ort sein, an dem man Hilfe findet – sie ist es aber nicht für alle
Das Schulbarometer zeigt auch, dass gute Klassenführung wichtig für das schulische Wohlbefinden ist. Das bedeutet: klare Kommunikation und Regeln sowie möglichst viel Zeit, in der man sich mit den Lerninhalten auseinandersetzen kann. Allerdings geben 83 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen an, dass der Unterricht häufig durch andere Schülerinnen und Schüler gestört wird. Dies deckt sich mit früheren Befragungen: Im Schulbarometer vom April dieses Jahres hatten Lehrkräfte als größte Herausforderung das Verhalten der Schülerinnen und Schüler und den Umgang mit heterogenen Klassen genannt.
Aus der Studie geht auch hervor, dass viele Kinder und Jugendliche nach wie vor psychisch belastet sind: Jeder Vierte bezeichnet die eigene Lebensqualität als gering. Mehr als jeder Fünfte zeigt Anzeichen einer überdurchschnittlichen Belastung. „Es ist besorgniserregend, dass die Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen auch nach dem Ende der Corona-Pandemie noch deutlich reduziert ist“, sagt Julian Schmitz. Er ist Professor für Kinder- und Jugendpsychologie an der Universität Leipzig und hat die Studie mitkonzipiert. Oft oder sehr oft machen sich Schülerinnen und Schülern Sorgen wegen der Kriege in der Welt (39 Prozent), dem Leistungsdruck in der Schule (26 Prozent) und der Klimakrise (25 Prozent). 20 Prozent haben häufig Angst vor der Zukunft.
Schule sei eigentlich ein zentraler Ort, um Hilfe zu finden, sagt Schmitz. Doch laut Schulbarometer zweifelt ein Viertel der Schüler daran, dass ihnen dort jemand helfen könne. Und 23 Prozent der Eltern, die Unterstützung für ihr psychisch belastetes Kind gesucht haben, geben an, dass ihnen in der Schule nicht weitergeholfen wurde.